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Portable Daten

Gestern abend hatte ich ein sehr langes und extrem spannendes Gespräch über das Semantic Web. Ein Beispiel meines Gesprächsgegenübers (dessen Namen ich leider vergessen hab): Firmen wie Amazon sollten in Zukunft noch viel treffsicherer sagen können, was ich kaufen will.

„Stimmt schon“, sagte ich. „Aber was ist, wenn ich nicht mehr Amazon will, sondern ein anderes Online-Versandhaus?“

Es sind nicht nur Social Networks, die unsere Daten unablässig in Silos einsperren! Wir alle produzieren unablässig Content, ohne es zu wissen – und seien es nur Suchanfragen im Webshop. Müsste ich nicht in der Lage sein, auch diese Inhalte mit zum nächsten Webshop tragen zu können? So könnte mir der Shop XY mit MEINEN Daten ebenso gute Vorschläge machen.

Wem gehören diese Daten wirklich? Auf jeden Fall nicht uns! Sie tragen zum Wert des jeweiligen Unternehmens bei – sei es nun Amazon oder Facebook. Je mehr Nutzer, je mehr Content, je mehr Freunde, desto höher der Kurs. Je schwerer sie den Nutzern den Wechsel machen, desto eher bleiben die im Datensilo und der Wert stabil.

Heute bin ich auf etwas Interessantes gestoßen: die DataPortability Working Group. Dem Video zufolge will man bloß Social Networks zum Guten verändern.

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Interesse an derlei offenen Systemen kann nur von den kleinen Playern am Markt kommen, die auf Wechselwillige von wo anders hoffen. Ein solch kleiner Player ist Microsoft und der wird sich – glaubt man den Gerüchten – in den nächsten Tagen der Arbeitsgruppe anschließen. DataPortability scheint an Fahrt zu gewinnen.

Die Realtität sagt aber: Man darf sich maschinenlesbare SocialGraphs und wahrhaft portable Daten wünschen, sich aber besser nicht allzu viel erhoffen.

Wer jetzt darauf hofft, dass Googles OpenSocial die Antwort ist, liegt falsch. Auch Google ist nur so offen, wie es selbst will. Und wenn man Nutzer einsperren will, tut man das auch.

Das wird Web 3.0

Viele – ich inklusive – mögen den Begriff Web 2.0 nicht. Aber dennoch, will auch ich einfach ein paar Gedanken von mir geben, wohin sich das Web entwickeln könnte. Meine Vorhersage: „Web 3.0“ wird echte Interoperabilität dank APIs und Mikroformaten aufweisen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass nur offene Webapplikationen über kurz oder lang gut leben können. Zur Offenheit gehört auch, den Nutzer ziehen zu lassen, wenn er will. Warum? Weil es ja der Content der Nutzer ist, mit dem etwa die Gründer von YouTube Milliarden verdient haben. Gefällt mir ein Dienst nicht mehr, ziehe ich eben zum nächsten.

Andererseits will der Nutzer nicht mehrere Sites für ein und denselben Zweck nutzen.

Schauen wir uns ein paar Szenarien an, was ich damit meine: 

1. Soziale Netzwerke:

Ich habe eben darüber geschrieben, dass doch ein Social Network reichen würde. Muss aber nicht sein – es könnte auch eine zentrale (Web-)Applikation geben, die alle meine Web-Netzwerke verwaltet, Nachrichten austauscht, Freunde jeweils überall gleich behandelt. Ich warte drauf – irgendwann wird’s wohl kommen. 

2. E-Mail:

Ich behaupte einmal, dass Gmail einer der besten Mail-Dienste der Welt ist. Aber was, wenn deren Nutzungsbedingungen sich ändern, andere Mail-Dienste neue, bessere Funktionen haben? Dann will ich dorthin und alle meine Mails, Kontakte und was ich sonst noch dort gespeichert habe, einfach mitnehmen. Über Nacht soll dann der neue Dienst alle Daten abholen und mich morgen schon unter der gleichen Adresse mailen lassen.

3. Fotos:

Während ich behauptet habe, dass Gmail einer der besten Mail-Dienste ist, gibt es bei Flickr keine Diskussion. Oder doch? Zooomr ist auch nicht letz. Ich will – im Falle des Falles – alle meine Fotos mitsamt den Kommentaren, meinen Kontakten wo anders hin übersiedeln können. Durch interoperables Design müsste es weiterhin möglich sein, mit den alten Kontakten in Verbindung zu stehen, Tags und Kommentare auszutauschen.

4. Bookmarks:

Alles bisherige ist Utopie? Sicher nicht. Erste Ansätze gibt es schon! Windows Live Favorites erlaubt einen Import von Del.icio.us.

5. Blogs:

Hier sind wir schon am weitesten. Beispiel WordPress: Hier kann ich Posts Kommentare und alles mögliche von einem Blog zum nächsten weiter leiten. Wenn ich einen Feed-Dienst wie Feedburner verwende, merkt der Abonnent nicht einmal was.

Wird es kommen?

Ja! Sicher sogar, weil es die ultimative Chance für Newcomer ist. Diese bekämen mit guten Features sofort eine breitere Nutzerbasis. Irgendwer wird damit schon auf breiterer Basis damit anfangen.

Profitieren wird letztendlich der Nutzer, weil dieser mehr Freiheiten geniesen wird. Wird es möglich, nach Belieben Bits und Bytes über das Netzwerk hin- und herzuschicken, wird auch der ultimative Wettbewerb zwischen Anbietern ausbrechen. Das bringt mehr Features, höhere Stabilität und bessere Dienste mit sich. Wollen wir’s zumindest hoffen.