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Screencast: Der Feidl, mein Sack und Facebook

Der Spiegel prangerte unlängst „Facebook & Co.“ als „Die Unersättlichen“ an, wenn es um Datenschutz geht. Der deutsche Blogger Richard Gutjahr empfand das als „Doppelmoral“ und prangerte den Spiegel selbst als Datenkrake an.

Auch heute liest man allerorts im Web davon, wie böse Facebook doch wieder ist: Facebook öffnet Zugang zu Nummern und Adressen titelte die Süddeutsche Zeitung. In der Presse heißt es Facebook-Apps dürfen auf Handynummer zugreifen. Die Schweizer 20 Minuten meinen: Was Werber freut, könnte Nutzer verärgern. Facebook öffnet Zugang zu sensiblen Daten der Nutzer, heißt es am Teletarif-Blog. Und meine Kollegen der Kleinen Zeitung schreiben: Facebook will Telefonnummern und Adressen weitergeben.

Einzig die Financial Times erwähnt prominenter im Lead: Mit Zustimmung des Nutzers.

Hauptsache: Netzangst schüren.

Da geht mir der sprichwörtliche Feidl im Sack auf! Ob bewusst oder unbewusst – allenorts wird wieder die Angst vor dem bösen Internet geschürt. Hauptsache, es gibt wieder eine tolle Schlagzeile, die Klicks und Leser bringt.

Sollte man das ignorieren? Nein. Aber würde die gleiche Zeit dafür aufgewendet, Leser etwas beizubringen und sie für Datenschutz zu sensibilisieren, wäre allen weit mehr geholfen, als mit einer fetzigen Schlagzeile. Und würde man überall die gleichen Maßstäbe anlegen, würden einige wohl alt und Facebook „reinweiß“ (Copyright KHG) aussehen.

Worum es geht und die Privatsphäre-Einstellungen bei Facebook

Aufgenommen in 1280 x 720. Hier geht’s zum Video auf YouTube in HD-Auflösung.

Fazit

  1. Medien sollten mehr User-Education und weniger Polemik betreiben.
  2. Facebook hat sehr umfangreiche Privatsphäre-Einstellungen, die zudem auch sehr einfach sind. Ein Klick auf „Nur Freunde“ reicht für die allermeisten, um relativ sicher zu sein. Was man Facebook allerdings vorwerfen muss, ist dass einige Standardeinstellungen für den einen oder anderen zu freizügig sind.
  3. Wer sich über Facebook aufregt, darf auch nirgends seine Daten angeben. Auch nicht bei Herold, auch nicht bei der BiPa-Kassa, wenn die Verkäuferin eine Kundenkarte anbietet.
  4. Wenn schon hohe Ansprüche gestellt werden, dann bitte an alle und auch an sich selbst.
  5. Wer das hier nicht lesen kann oder vielmehr es nicht will, braucht sich nicht wundern oder gar aufregen. Habe nur einen englischen Screenshot gefunden, fand noch keine Facebook-App, die meine Daten sammeln wollte.

Danke!

Ein genialer Marketing-Coup

Medien sind unter Druck. Den Tageszeitungen scheint nicht nur die Wirtschaftskrise zunehmend weh zu tun, sondern auch Content-Piraten. Richtig gehört: Leute, die etwas in einer Zeitung oder News-Website lesen und diese Inhalte dann stehlen.

Dass hier „akuter Handlungsbedarf seitens der Politik“ besteht, hat nun auch der Verband Österreichischer Zeitungsverleger (VÖZ) endlich erkannt!

Es geht darum, dass Inhalte, die von den Medienhäusern verlegerischer Herkunft auf ihren unterschiedlichen Plattformen angeboten werden, vor einer genehmigungslosen Nutzung, welche über die im Urheberrecht klar geregelte Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch von Privatpersonen hinausgeht, zu schützen.

Absolut! Gerade weil bisher schon klar ist, was über eine „geregelte Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch von Privatpersonen“ hinaus geht, brauchen die Verlage neue Regeln.

(cc) ibcbulk

Und weiter geht’s!

Es muss deutlich gemacht werden, dass jede Vervielfältigung oder Verbreitung solcher Inhalte im unmittelbaren bzw. mittelbaren kommerziellen Zusammenhang rechtliche Konsequenzen nach sich zieht.

Warum? Weil es jetzt klarerweise niemandem bekannt ist, dass man Inhalte zur kommerziellen Verwendung nicht stehlen darf.

Der böse Content-Dieb wurde auch schon lokalisiert. Er sitzt natürlich im Internet! Und gegen das böse Internet lässt sich natürlich etwas unternehmen. Eine der drei Forderungen des VÖZ an die Politik lautet daher:

Essenziell ist die gesetzliche Normierung einer klaren Verpflichtung der Internetzugangs-Provider zur zeitlich befristeten Speicherung von Nutzerdaten (Zuordnung von IP-Adressen) und zu deren Herausgabe an den Verletzten bei urheberrechtsverletzender Content-Nutzung. Datenschutz darf nicht als Deckmantel für Rechtsverletzungen missbraucht werden.

Im Ernst?

  • Der Besuch einer News-Website heißt nicht zwangsläufig dass dort Inhalte geklaut werden. Was wollt ihr damit beweisen? Und vor allem: wie?
  • Der Besuch einer Website mit irgendwelchen News ist längst nicht erforderlich, um Inhalte derselben zu klauen. Leute, es gibt RSS-Feeds und aus JEDER Site (auch solcher mit kastrierten Feeds) kann man Volltext-Feeds machen.
  • Jede zusätzliche Beschneidung der Privatsphäre schränkt auch die Möglichkeiten der Arbeit von Journalisten ein. Wenn es die Möglichkeit gibt, zu überprüfen wer wann auf welcher Site gesurft hat, wird das auch genutzt. Das Redaktionsgeheimnis ist damit genauso ausgehöhlt wie der Schutz von Informanten.
  • Klar gibt es ein Copyright auf das Geschriebene. Aber: Gibt es tatsächlich ein Copyright auf die eigentliche News? Darf niemand erwähnen, dass X vorgefallen ist?

Und weil Politikerinnen und Politiker ohnehin recht wenig Ahnung vom Internet haben, werden sie dem Wunsch der Verleger wohl nur allzu gerne nachkommen. Der VÖZ beweist damit allerdings eines: seine weltfremde Sicht auf neue Medien. So funktioniert das Web nun einmal nicht und man schadet sich so nur selbst.

Aber vielleicht steckt etwas Größeres dahinter. Ein „Evil Masterplan“ der ganz besonderen Art. Eine jederzeit anzapfbare Vorratsdatenspeicherung wäre ein grandioses Marketing-Instrument. Wenn bekannt ist, wer oft auf der Website XY kostenlos Nachrichten liest, dem könnte man doch auch ein ähnliches (zu bezahlendes) Medium schmackhaft machen …

Update: Könnte! Man beachte den Konjunktiv. Diese Möglichkeit traue ich niemandem wirklich zu. Aber ausgeschlossen ist sie nicht, zumal es Lücken geben kann, auf die dann andere mit weniger redlichen Absichten zugreifen können.

Völlige Privatsphäre …

… kann es in Zeiten von Satellitenfotos nicht einmal in einer Wüste geben. Diese Antwort von Google erhielt ein US-Ehepaar, dessen Privatstraße von einem Google-Auto für Streetview abfotografiert wurde.

Und genau bei solcher Technik beteiligt sich genau diese Firma: Google kaufte sich unlängst bei GeoEye ein, die heute ihren Satelliten erfolgreich in der Umlaufbahn aussetzten. Mit GeoEye-1 ist es möglich, Bilder mit einer Genauigkeit von 40 cm/Pixel aufzunehmen, die dann exklusiv für Google Earth/Maps zur Verfügung stehen. Veröffentlicht dürfen die Bilder des fliegenden Fotoapparats aber nur in einer Auflösung von 50cm/Bildpunkt werden.

Das Problem ist für mich nicht, dass Google jetzt Fotos von ganz weit oben schießt. Im Gegenteil: Ich nutze diese Dienste sehr häufig und ärgere mich immer, wenn ein Fleck der Welt nicht in hoher Auflösung drinnen ist.

Aber es geht nicht an, dass Google …

  • … sich bei der (Geo-)Privatsphäre auf etwas ausredet, das man selbst (mit-)betreibt.
  • … derart zurückhaltend ist, wenn es darum geht, dass der Nutzer erfährt, was mit seinen Daten passiert.
  • … wirklich arge Nutzungsbestimmungen für Produkte wie den Chrome oder Google Docs verordnet. Diese sahen vor, dass Google ein weltweites Nutzungsrecht für Daten bekommt, die der Nutzer erstellt. Gut: Jetzt kann man sagen, dass diese ja mittlerweile abgeändert wurden. Wären sie auch geändert worden, wenn es keinen Proteststurm gegeben hätte? Warum braucht es immer erst öffentlichen Druck, damit Google einlenkt?
  • … immer mit zweierlei Maß misst – je nachdem, ob man selbst betroffen ist. Erst kurz vor der Androhung von Sanktionen wurde ein Link auf der Startseite zu den Datenschutz-Bestimmungen angebracht. Davor hat man sich dagegen gewehrt, um die Startseite nicht unnötig aufzublasen.
    Wenn es darum geht, nicht für Datenschutz, sondern für den Chrome-Browser Werbung zu machen, zählt Marissa Mayers Plädoyer für eine schön schlanke Startseite plötzlich doch nicht mehr.

Fazit: Wer sich anmaßt, das Wissen der Menschheit zu verwalten, muss endlich transparent werden.

Disclaimer: Auch diese Site versorgt Google mit Daten, auch wenn das der Nutzer nicht will. Derzeit läuft hier (noch) Google Analytics.