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Meinung: Populismus, der nur Übelkeit bringt

Populismus hält dieses Land immer stärker im Würgegriff. Ausnahmsweise wird von Österreichs Politikern nicht blindlings verbal auf Ausländer eingeschlagen, sondern diesmal gegen die globale Hochfinanz agitiert. Und noch einen Unterschied gibt es: Diesmal werben Politiker mit zwei Themen nicht für die Wiederwahl, sondern täuschen über eigene Versäumnisse hinweg.

Politiker (egal, welcher Couleur) lügen oft deshalb, weil sie die Wahrheit für unzumutbar erachten oder weil kein Politiker seine Fehlbarkeit eingestehen möchte. Der tägliche Konsum an Nachrichten erregt bei mir zuletzt immer öfter Übelkeit. Ich kann schlichtweg nicht so viel essen, wie ich bei den Begriffen Schuldenbremse und Reichensteuer raufkotzen möchte. Schauen wir uns doch diese zwei „Trend-Schlagwörter“ einmal näher an.

Schuldenbremse

Wikipedia versteht darunter eine

… konstitutionelle Selbstbindungen und zwischenstaatliche Vereinbarungen […], durch die Staaten ihren Regierungen und Parlamenten einerseits die Möglichkeit nehmen, im Übermaß Verschuldungen einzugehen sowie auch die Verpflichtung auferlegen, eventuell bestehende übermäßige Verschuldungen zurückzufahren.

Im Klartext: ein Verfassungsgesetz, das Grenzen der (Neu)verschuldung festlegt.

Haben wir so etwas nicht schon?
Antwort: Ja, die Maastricht-Kriterien. Diese sehen einen maximalen Schuldenstand von 60 Prozent und eine jährliche Nettoneuverschuldung von nicht mehr als drei Prozent des BIP vor.

Wozu also ein Gesetz, für etwas, wofür wir ohnehin schon Regeln haben?
Antwort: Keine Ahnung. Vielleicht will man damit Ratingagenturen beruhigen. Politiker könnten so auch der Bevölkerung zeigen, dass sie irgendetwas getan haben.

Wie lange wird die Schuldenbremse halten?
Antwort: So lange Rot und Schwarz dies wollen. Das US-Fiasko vom Sommer diesen Jahres wird es in Österreich nicht geben, weil es (wie es ausschaut) gar kein Verfassungsgesetz geben wird. Jede nachfolgende Regierung kann das Gesetz mit einfacher Mehrheit aufheben.

Wird die Schuldenbremse funktionieren?
Antwort: Mit Sicherheit nicht, es sei denn es gibt wirklichen Willen zum Sparen. Das würde bedeuten, dass man tabulos die Diskussion über (dringend nötige) Strukturreformen eröffnet oder zulässt. Echtes sparen würde auch bedeuten, dass alle Parteien auch bei ihrem eigenen Klientel kürzen müssten. Wer beides glaubt, wird selig.

Muss überhaupt gespart werden?
Antwort: Kranksparen bringt uns freilich genauso wenig weiter wie endloses Geld ausgeben und das weitere Anhäufen von Schulden. Aber dass der Staat ohne Einbußen beim Dienst am Bürger deutlich schlanker werden könnte, steht außer Zweifel.

Fassen wir zusammen:

  • Es gibt keine Notwendigkeit für eine Schuldenbremse, weil wir schon eine haben.
  • Eine Schuldenbremse ist das unausgesprochene Eingeständnis der Politik, eigene Regeln ständig gebrochen zu haben.
  • Wenn Ratingagenturen diese Schuldenbremse ohne weitere Strukturreformen abkaufen, sind sie völlig ahnungslos.

Reichensteuer

Es ist allzu leicht auf den Klassenfeind einzudreschen. Sogar aus Teilen der ÖVP heißt es populistisch: „Her mit dem Zaster! Her mit der Marie!“

Fakt ist: Der Faktor Arbeit (mitsamt Lohnnebenkosten) wird in Österreich so hoch belastet wie sonst nirgendwo auf der Welt und Österreich ist ob des weitgehenden Fehlens an Kapital- und Vermögenssteuern ein Mekka für (Super-)Reiche. Ebenso unbestritten dürfte sein, dass man ob des strengen Bankgeheimnisses als Steuersünder hier recht wenig zu befürchten hat. Wären nicht diverse Ermittlungen in anderen Causen am Laufen, wären die Geldtransfers von KHG, Meischi und Hochegger über Zypern und/oder Guernsey in geheime liechtensteinische Stiftungen ebenso entdeckt worden wie Herbert Scheibners vermeintliche Geldwäsche über die Vereinigten Arabischen Emirate. In allen Fällen gilt die Unschuldsvermutung.

Und wer mir weißmachen kann, dass ein paar Strizis die einzigen sind, die unversteuertes Geld in Stiftungen parken, der glaubt auch ans Christkind!

Fassen wir abermals zusammen:

  • Wieso hinterfragt nicht jemand, wem das strenge (und im Übrigen oft gerügte) Bankgeheimnis wirklich nützt? Den vielen kleinen Selbständigen oder der Billa-Kassierin sicher nicht.
  • Wieso kaufen wir nicht aktiv DVDs mit Daten von Steuersündern wie etwa Deutschland? Auch in Österreich wären solchermaßen beschaffte Beweise jederzeit in Finanzstrafverfahren verwendbar.
  • Wieso gibt’s so unsäglich komplizierte Steuergesetze in Österreich mit so unsäglich vielen Ausnahmen und Schlupflöchern, die ohnehin nur „den G’stopften“ vorbehalten sind?
  • Würden in Österreich alle ihre Steuern bezahlen, hätten wir kein Problem.

Wer sich mit diesen Fragen auseinandersetzt, weiß: Es braucht keine Reichensteuer, sondern nur ein effizientes Steuersystem, bei dem keiner auskommt.

Und warum ist die Politik so aufgeschreckt?
Antwort: Weil es ihnen erst jetzt schön langsam dämmert, dass sie das nächste Globalisierungsopfer ist. Entschieden wird längst nicht mehr am Ballhaus- oder Arnulfplatz. Entschieden wird längst schon in der Chefetage von Goldman Sachs oder in Brüssel, wo man bewusst die falschen Leute (schwache EU-Kommissare wie Baroso vs. starke Nationalstaaten wie DE oder FR) hingesetzt hat. Nur ist diese Wahrheit dem Bürger tatsächlich nicht verkaufbar.

Die Postdemokratie dankt Ernst Strasser

Der ehemalige EU-Abgeordnete Ernst Strasser wurde ziemlich rasch aus allen politischen Ämtern entfernt. Auf den Lobbying-Skandal folgte erst einmal große Aufregung. Die Transparenzoffensive aller Parteien scheint indes sehr schnell wieder eingeschlafen zu sein.

Was Österreichs Parteien und Politik-Kommentatoren ganz übersehen: Die Politik sollte dem einstigen ÖVP-Mitglied tiefste Dankbarkeit zollen!

Gestern Abend hatte ich ein langes und interessantes Gespräch, indem eine Aussage viel, die mir keine Ruhe mehr lässt:

„Die ÖVP war sehr wahrscheinlich nur deshalb auf Strasser sauer, weil dieser auf eigene Rechnung tätig war.“

Parteispenden sind das perfekte Lobbying-Vehikel. Man zahlt und bekommt. Wo ist bei Parteispenden der Unterschied zum Fall Strasser?

Gesetze für Parteispenden?

  • Warum spenden Firmen für Parteien? Weil sie lieb sind und bessere Politik machen als die bösen anderen?
  • Weshalb fördert der eine Verband die andere Partei? Weil das Geld dort besser aufgehoben ist als bei der Caritas?
  • Warum sollten Freiberufler Parteien etwas zukommen lassen? Damit die sich bessere Anwälte leisten können?

Gewollte Instransparenz

  • Warum wird um Parteispenden so eine Geheimniskrämerei betrieben?
  • Weshalb dürfen genau ausgerechnet jene (Intransparenz-)Gesetze schreiben, die sie vor sich selbst schützen?
  • Und die Frage aller Fragen: Wem nützt Politikverdrossenheit überhaupt? Der Politik! Weil sich Masse nicht mehr für das interessiert, was einige an Skadalen aufdecken.

Alle Parteien in diesem Land müssten dankbar sein, dass der an einer einzigen Person aufgehängte Lobbying-Skandal ihr gesamtes System schützt. Dies wird ihnen helfen, auch weiterhin ihren Platz in der Österreichischen Postdemokratie/Parteiendemokratur zu bewahren.

Ändern muss sich sich nichts, denn Österreichs Politiker und Parteien sind gewohnt, so etwas locker auszusitzen. Danke Ernst!

Kleines Wort-Ersetzungsspiel

Hier noch einmal die Videos der Redakteure der Sunday Times: Ersetzen wir doch das „I“ durch „We“ oder „My Party“.

Und hier der zweite Teil.

Die Grasser-Vorlesung ist online

Die dem Falter zugespielten Protokolle einer Telefonüberwachung von Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser, Walter Meischberger und Ernst-Karl Plech wurden vergangene Woche im Rahmen einer Vorlesung (Pflichtübung für das österreichische Verwaltungs- und Verfassungsrecht) im Audimax der Universität Wien von den Kaberetisten Thomas Maurer, Robert Palfrader und Florian Scheuba öffentlich aufgeführt.

Wer – wie ich – nicht dabei sein konnte, darf sich nun die Vorlesung auf YouTube anschauen. Die Links dazu gibt’s entweder auf der Website des Falter oder oder direkt im YouTube-Channel des Falter.

„Viel Vergnügen“ zu sagen, ist angesichts des traurigen Hintergrund des Programms schwer. Und leider sind derzeit aus rechtlichen Gründen nicht alle Protokolle vorzeigbar und somit nicht auf YouTube.

Und weil wir gerade Florian Klenk sehen … der ist seit gar nicht langer Zeit auch auf Twitter. An dieser stelle möchte ich daher gleich empfehlen, ihm (@florianklenk) zu folgen.

Und bevor ich es noch vergesse: Für alle Genannten gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Ein paar Euro für Chancengleichheit

Ich liebe Skandinavien! Nicht nur, weil ich in Schweden studierte, sondern weil man im Norden Europas weiter ist als in unseren Breiten. Das gilt in vielerlei Hinsicht.

lappland

Der Weitblick der finnischen Politik sorgte gestern für einen großartigen Beschluss:

Starting next July, every person in Finland will have the right to a one-megabit broadband connection.

Jeder Finne hat ab kommendem Juli das Recht auf einen Internet-Anschluss mit der Bandbreite von einem MBit/s. Ab Ende 2015 wird diese Geschwindigkeit auf 100 MBit/s erhöht. Das Gesetz gilt landesweit, es gibt jedoch Ausnahmen für „extrem abgelegene Häuser“. Diese Ausnahmen müssen aber (und das ist wichtig) von Fall zu Fall begründet werden. Österreich braucht sich nicht auf seine Berge ausreden – gegenüber Lappland sind selbst hochalpine Regionen dichtest-besiedelt!

In Mitteleuropa denkt man stattdessen über Netzsperren nach. Cyberkriminellen (weil filesharenden) Jugendlichen das Internet wegzunehmen ist in unseren Breiten opportuner als darüber zu diskutieren, wie man das Digital Kluft verringert. Die Zahl derer, die noch nie Computer oder Internet genutzt haben, ist besorgniserregend groß.

Laut Statistik Austria hatten zwischen 20 und 30 Prozent noch nie Kontakt mit dem Internet oder einem PC! In Österreich! In einem der reichsten Länder der Welt!

Gebührenbefreiung fürs Internet

Wer kommt heute noch ohne Internet aus? Niemand. Gerade sozial schlecht gestellte Bürger sind enorm benachteiligt, weil sie von der Informationsgesellschaft gänzlich ausgeschlossen sind. Dabei wäre es extrem einfach, etwas daran zu ändern.

In Österreich sind sozial benachteiligte Personen von der Telekom-Grundgebühr befreit. Geregelt ist das im Bundesgesetz über Zuschussleistungen zu Fernsprechentgelten. Neben der Telekom profitieren auch einige Mobilfunker davon.

Der Zuschuss beinhaltet lediglich einen Telefonanschluss, weil man Telefonieren bei Beschlussfassung dieser Förderung scheinbar als „lebensnotwendig“ erachtete.

Wieso bezuschusst man optional nicht gleich einen Internet-Anschluss? Telefonieren könnte der/die Bedürftige Dank VoIP ja auch übers Netz.

Beispiel Telekom: Im Standard-Tarif gibt es einen Zuschuss von 17,44 Euro pro Monat. In Aktionszeiten kostet ein ADSL-Anschluss 19,90 Euro (2,46 Euro mehr als die Förderung für den Standard-Tarif). Es müssen ja nicht gleich 3 MBit/s, unlimitierter Traffic und andere Extras sein. Mit einem kleiner dimensionierten ADSL-Anschluss (sagen wir mal 1 MBit/s und 3 GB Datenvolumen) könnte man die 17,44 Euro schon erreichen.

Mobilfunkinternet ist noch weit günstiger: Hier wäre man schon mit 9 Euro im Monat dabei, was dem Steuerzahler sogar eine Ersparnis bringen würde.

Parteien zahlen Netbooks

Ein DSL-Anschluss ohne Computer macht zugegebenermaßen wenig Sinn. Doch auch hier gäbe es eine Lösung: Die Parteien in Kärnten müssten lediglich auf die geheim durchgeführte Erhöhung der Parteiengelder (alleine heuer 5,3 Millionen Euro) verzichten und man könnte damit jedes Jahr 17.726 Netbooks kaufen.

Einer von 100 mit Mission

Da hab ich ganz schön gestaunt, als mir einige Bekannte vor ein paar Tagen aus heiterem Himmel gratulierten. Eine Zeitschrift namens TheGAP (von der ich bis dahin weder gehört noch gelesen habe) hätte mich zu einem der 100 wichtigsten Österreicher gewählt? Mich?

Stellt sich heraus, ich wäre eine derjenigen, die Österreich in der einen oder anderen Art und Weise in den nächsten Jahren prägen sollen. Zumindest meint das die Redaktion von TheGAP. Hier geht’s zur kompletten Liste der 100. Mich findet man unter „Politik und Gesellschaft” (doofes Foto, I know).

Danke! Wenn es meiner ganz persönlichen Mission hilft — umso lieber.

Ich würde mir wünschen, Österreich (und speziell Kärnten) mit Hilfe der Technik zu ein wenig mehr Offenheit in Gesellschaft und Politik zu führen. Thanks!

Für Grundrechte muss man kämpfen

Als ich noch einen Fernseher hatte, war 3Sat einer meiner Lieblingssender. Schön, dass es einige Sendungen – darunter auch 3Sat Neues auch als Podcast gibt. In der letzten Sendung ging es um weltweite Netzsperren. Wer glaubt, dass nur Schurkenstaaten das Netz zensieren, täuscht. Selbst in demokratischen Ländern Europas ist es an der Tagesordnung, dass unliebige Websites blockiert werden.

Da tröstet es einen wenig, wenn Österreichs Justizministerin jüngst zurück ruderte und sich nun nicht mehr für Netzsperren auszusprechen scheint.

Für Grundrechte und gegen staatliche Zensur muss man kämpfen. Jeden Tag aufs Neue …

Sperren statt bekämpfen

Jetzt wird es auch in Österreich ernst. Mit dem Vorwand, gegen Kinderpornografie zu kämpfen, denkt Justizministerin Claudia Bandion-Ortner laut über Netzsperren nach. Danke an Martin Thuer von ATV, dass dieser Beitrag (eigentlich aus der Sendung gefallen), doch im Web gelandet ist:


Bandion-Ortner zum Thema Internetsperren auf ATV.at

Anlässlich der Eröffnung des Internet-Summits der Vereinigung der heimischen Internet-Provider (ISPA) sprach Bandion-Ortner aber nicht nur von Internet-Sperren, sondern auch von  Netzzensur, sondern auch vom völlig unsinnigen und nichts bewirkenden Vorratsdatenspeichern. Die Ministerin griff die dumme Idee der Zeitungsverleger auf, IP-Adressen sollten mit dem Zweck gespeichert werden, um Textpiraterie zu unterbinden.

Unscheinbar und abseits der Öffentlichkeit wäre das passiert, gäbe es nicht Twitter. Gerald Bäck machte mich mit einem Tweet darauf aufmerksam.

Kinderpornografie bekämpfen

Wenn die Ministerin meint, man müsse Kinderpornografie im Keime ersticken, so hat sie recht. Es gibt nichts schändlicheres, als sich an Kindern zu vergehen und damit auch noch Profit zu machen. Das ist verabscheuenswürdig und all jene, die das tun, gehören an ihren Eiern aufgehängt!

Aber: Durch Netzsperren verhindert man diese Verbrechen nicht. Man kehrt sie lediglich in den Teppich. Den Zugang zu Websites kann man zwar erschweren, jedoch nicht gänzlich unterbinden. Wie sonst wäre es in China möglich, dass sich Aktivisten informieren? Es gibt immer Mittel und Wege drum herum. Im Falle reiner DNS-Sperren sind Proxy-Server ein simples Mittel drumherum.

Wo liegt der Unterschied in der Bekämpfung? Das Problem an der Wurzel (bei den Produzenten) anzupacken, ist umständlicher, weil mühsamer.

Deutschland vs. Österreich

In Deutschland gibt es diese Diskussion schon länger. Unser Glück ist das gute Abschneiden der FPD bei der letzten Bundestagswahl. Die Freien Demokraten stellten sich von Anfang an gegen Netzsperren und machten deren Abschaffung mehrmals im Wahlkampf zu Koalitionsbedingungen.

Unser Glück ist auch, dass Gegner in dieser Frage auf sehr viel und sehr gutes Material aus Deutschland zurück greifen können.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=LMs_o2Co9Wo[/youtube]

Unser Pech ist, dass Österreich im Vergleich zu Deutschland weniger ausgeprägte Instrumente der direkten Demokratie kennt. Eine Online-Petition im Nationalrat würde vermutlich gleich wenig bringen wie jene in Deutschland – es gibt sie aber ohnehin nicht.

Weiterführende Links:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=O4vbdusj7Pk[/youtube]

Das ist erst der Anfang …

Österreich verlässt das CERN [Updated]

Gestern abend soll eine Gruppe von Physikern noch ein letztes Mal versucht haben, Österreichs Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) umzustimmen. Die Bundesregierung plant, die Mitgliedschaft beim Europäischen Kernforschungszentrum CERN per Ende 2010 zurück zu legen.

Noch ist es nicht öffentlich, aber aus guter Quelle vor Ort. Heute Abend oder morgen soll es bekannt gegeben werden.

[Update: Habe als kleiner Blogger um eine Stellungnahme beim BMWF angefragt, warte noch auf deren Antwort.]

Mittlerweile habe ich eine Stellungnahme vom BMWF erhalten, die allerdings lediglich auf eine Presseaussendung mit Sperrfrist um 18 Uhr verwies. Einzelne Online-Ausgaben heimischer Zeitungen hatten die Meldung schon kurz drauf: siehe Google News. Mittlerweile gibt es auch schon die erste politische Stellungnahme – vom grünen Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald.

[Update 16:03 Uhr:] Und das Ganze könnte auch noch zum Koalitionsstreit werden. Wie man aus Wien hört, soll der VP-Wissenschaftsminister den Cern-Ausstieg nicht mit der SPÖ akkordiert haben. In diesen Minuten startet der Wissenschaftsausschuss. Da wäre ich jetzt gerne dabei …

Johannes Hahn auf Besuch im CERN (c) Cern

Erst am 11. September 2008 gratulierte Hahns dem CERN zum Start des Large Hadron Collider (LHC):

[…] „Ganz besonders freue ich mich über die starke österreichische Beteiligung an den verschiedenen Teilprojekten dieses größten Experiments der Wissenschaftsgeschichte!“

Dieser „historische Moment“, so Forschungsminister Hahn weiter, „ist ein eindrucksvoller Beweis für die Schlagkraft der Grundlagenforschung und der darin innewohnenden Bedeutung für die technologische Weiterentwicklung“. Hahn sieht sich daher in seiner Forderung nach einer stärkeren Dotierung der Grundlagenforschung bestärkt und verweist in diesem Zusammenhang nochmals auf die im Frühjahr 2008 erfolgte Mitgliedschaft bei der ESO (European Southern Observatory). „Österreich“, so Forschungsminister Hahn resümierend, „hat schon früh die Bedeutung des CERN erkannt und mittels eines gut dotierten Stipendienprogramms für ausreichenden österreichischen Nachwuchs in diesem Tempel der Physik gesorgt.“

Eine populistische Maßnahme in Zeiten von Budgetnöten und EU-Wahlkampf. Mit dem Ausstieg spart man sich den jährlichen Mitgliedsbeitrag von gerade einmal 23 Millionen Schweizer Franken (15,2 Millionen Euro). Andererseits nehmen die Regierungsparteien damit den Freiheitlichen die Wahlkampfmunition, die einem glauben lassen, in Genf würde am nächsten Tschernobyl gearbeitet oder gar an Kernwaffen geforscht.

Die Folgen für die heimische Wissenschaftsszene sind nicht absehbar, ist doch das CERN nicht die Brutstätte des Bösen, sondern das größte Physiklabor, das der Mensch je geschaffen hat.

Ein paar direkte Entwicklungen vom CERN, die mir aus dem Kopf einfallen (mehr hier):

  • Das WorldWideWeb
  • Der Kernspin-Tomograf
  • Grid Computing
  • Radiotherapie bei Krebserkrankungen

Natürlich kommen nicht immer direkte Spin-offs heraus. Grundlagenforschung ist leider allzu oft unsichtbar. Im Juni laufen die Experimente am LHC an. Hier soll nicht mehr oder weniger erforscht werden als die Frage, was Materie beim Urknall überhaupt entstanden lies. Ironie der Stunde: Wir waren zwar am Aufbau beteiligt,  von diesen Ergebnissen wird Österreich wohl nicht mehr direkt profitieren.

atlas

Meine Begeisterung über die „Urknall-Maschine“ kann man hier nachlesen. Ach ja: Bis vor kurzem hatte fast jeder einen Teilchenbeschleuniger zu Hause – in Form eines Röhrenmonitors oder -Fernsehers.

Von der Maßnahme wären übrigens auch einige heimische Forschungsprojekte wie MedAUSTRON betroffen, die eng mit dem CERN kooperieren. Nicht absehbar wären auch die Folgen für das Austrian Research Center Seibersdorf oder viele hochbegabte Studenten, die sich jedes Jahr beim CERN um Forschungsstipendien und -plätze bemühen. Hauptbetroffen von der Entscheidung der Politik wären übrigens das Institut für Hochenergiephysik der östereichischen Akademie der Wissenschaften oder das Atominstitut der Universität Wien.

Immerhin: 80 Prozent des einbezahlten Betrages gehen indirekt oder direkt wieder nach Österreich zurück – sei es in Form von Löhnen an österreichische Wissenschaftler am CERN oder in Form von Aufträgen an heimische Firmen und Institutionen.

[Update 16:40 Uhr:] Mittlerweile habe ich gehört, wie viele Personen das betreffen würde. 50 Österreicher arbeiten fix am Cern, 120 verdienen dort ebenfalls ihre Brötchen: Studenten oder Doktoranden. Macht in Summe 170 Personen. Und 50 Prozent des österreichischen Budgets geht in genau diese Personalausgaben.

Anstatt Wissenschaft zu fördern, wird ihr aus populistischen Gründen Geld genommen. Tu Felix Austria! Ein schwarzer Tag für Österreichs Wissenschaft.

Kistenweise Trauer um Jörg Haider

Es nervt, wenn Kärnten in Beschlag genommen wird. In Beschlag genommen von einer Partei, die meint, sie könnte ihr Bild von Kärnten uns allen auf die Nase drücken. Es reicht!

Als Jörg Haider gestorben ist, ging kurz wirklich Trauer und Konfusion durchs Land. Man mag das von außen sehen wie man will – es war ein Verlust. Egal, ob man zu ihm und seiner Politik stand – er mag ja einiges für Kärnten getan haben.

Auch ich ging am Abend des 11. Oktober 2008 zur Regierung und zündete eine Kerze an. Auch ich trug mich ins Kondolenzbuch ein. Fotos davon gibt es hier auf meinem Flickr-Stream. Die Trauer vieler Kärntner war großteils echt. Zumindest bis zum darauf folgenden Mittwoch, wo die näheren Umstände des Todes (alkoholisiert mit weit überhöhter Geschwindigkeit) bekannt wurde.

Ein zweites Lichtermeer

Doch was sich heute Abend vor der Kärntner Landesregierung abspielte, war abscheulich. Sechs Personen entzündeten zwischen 20:05 und 20:45 Uhr kistenweise Kerzen.

Scheinbar soll der Welt, dem Land und seinem Wählervolk gezeigt werden, wie groß immer noch die Trauer um Jörg Haider ist. Dass die Trauer der Kerzenspender echt war, möchte ich bezweifeln. Falls sie es doch sein sollte, möchte ich mich entschuldigen. Aber glauben kann ich es wirklich nicht!

Ein Lichtermeer für Jörg

Zeitliche Parallelitäten mit der Landtagswahl am Sonntag möchte ich nicht ausschließen. Ein Schelm wer böses dabei denkt. Es ist einfach widerlich zu sehen, wie ein Toter instrumentalisiert wird. Widerlich und abscheulich. Wer immer das in Auftrag gegeben hat, soll sich schämen!

Mehr gleich in diesem Flickr-Set: „Kistenweise Trauer“

Was denkt ihr darüber?

Steuergeld & Amtsmissbrauch?

Die Steuergeld-Verprasserei hatte heute einen neuen Höhepunkt. Der Kärntner Woche lag eine 48-seitige Hochglanzbroschüre mitsamt DVD bei. Verleger ist das Amt der Kärntner Landesregierung, Inhalt sind Inserate des BZÖ-Regierungsteams – verpackt im Corporate Design und mit den Inseraten-Sujets/Bildern des BZÖ.

Wer jetzt meint, so etwas gäbe es nur in Kärnten, der hat diesmal wohl Recht. Nirgends anders wird ein Land von einer Partei derart vereinnahmt. Nirgends sonst wird so schamlos in den Sack des Steuerzahlers gegriffen, wie hierzulande.

(c) Kleine Zeitung DIGITAL

Alleine diese Selbstdarstellung kostet laut Recherchen der Kleinen Zeitung dem Steuerzahler zwischen 200.000 und 250.000 Euro. Das hätt’s unter Jörgl net geb’n, könnte man jetzt meinen.

Eine Anzeige wegen Amtsmissbrauch gegen die orangen Regierungsmitglieder bzw. deren Wahlkampfchef Stefan Petzner soll bereits im Laufen sein. Grund genug, mir heute noch einmal anzuschauen, wie da im Land Wahlkampf gefährt wird. Hier meine jüngste Deep-Zoom-Visualisierung der Inserate in der Kleinen Zeitung vom 1.1. bis 25.2. – nur überregionaler Teil, alles über einer Größe von 2/45mm. Silverlight-Plugin nötig.


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Auffällig:

  • Brutale Dominanz:
    Das BZÖ-Regierungsteam schaltet unglaublich viele Anzeigen. Man möchte sogar fast meinen, der Mengenrabatt der Regierung wäre höher als die Summe, die das BZÖ selbst setzt. Nur eine Vermutung.
  • Wer bezahlt’s?
    In allen Fällen der Steuerzahler. Allerdings: Wenn das Geld aus der Parteikassa kommt, muss allerdings damit gehaushaltet werden. Kommt das Geld vom Steuerzahler, ist es im Überfluss und ohne jede Kontrolle (der letzte Landesrechnungsabschluss datiert aus dem Jahre 2005) vorhanden.
  • Demokratiepolitisch bedenklich ist nicht nur, dass eine Partei derart viel auf Landeskosten schaltet. Bedenklich auch, dass man so viele Inserate annimmt.
  • Nicht nur das BZÖ spielt mit allen möglichen Tricks. Man vergrößere einfach die Inserate der SPÖ auf beiden Seiten. Der rote Trick: Vor Regierungsinseraten wird ein kleines Mini-Inserat (2/45mm) – diesmal mit SPÖ-Logo – geschalten. Und die Schwarzen sind auch nicht viel besser.
    In Summe macht das wenig Hoffnung, dass irgendwann mit solchen Diebstählen am Steuerzahler aufgehört wird. Der Proporz macht’s möglich – alle sind am Ruder, niemand ist verantwortlich.

[Update] Für alle die – warum auch immer – das Silverlight-Image nicht sehen können, gibt es auf Flickr ein hochauflösendes JPG

[Update] Josef Martinz meinte via Facebook, dass zwei gelbe Inserate von ihm von der Regierungsseite hin zur Parteikasse gehen sollten.
Warum habe ich sie auf der Seite des Steuerzahlers gezählt? Weil darin keinerlei Nennung der ÖVP stattfand. Zufällig oder absichtlich – wie auch immer. Möge jeder sich sein Bild selbst machen.
01-03-martinz