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Google Chrome: Wird wohl nix!

Überraschungen erlebt man als Tech-Journalist selten. Viele Dinge kündigen sich lange im Voraus an. Googles heutige Ankündigung, mit „Chrome“ einen neuen Browser zu bringen, kam für mich völlig unerwartet.

Um 21 Uhr stand die erste Beta zum Download (vorerst Windows only) bereit. Nachdem bereits den ganzen Tag die Presse und Blogosphäre überschlagen hat, war ich neugierig. Chrome gefällt mir irgendwie, ich glaube aber nicht, dass es ein durchschlagender Erfolg wird.

Das Gute:

  • Reduced to the max: Chrome ist für mich das, was man gemeinhin als Browser bezeichnet. Nicht mehr und erst recht nicht die Plattform für Web-Apps von der alle reden. Grafisch überhaupt nicht überladen und reduziert auf das, was man braucht.
    Bestes Beispiel dafür sind die Settings, die im Vergleich zum IE8 wirklich minimalistisch sind.
      
  • Security & Stability: Dass jedes Tab, jedes Plugin und jedes Script in einer eigenen Sandbox abläuft, ist lobenswert. Im Gegensatz zu Betaversionen vom Firefox 3 ist mir Chrome in den letzten drei Stunden nie abgestürzt. Auch der Speicherverbrauch ist extrem niedrig.
  • Tempo: Wow, das Ding rendert wirklich schnell. Dafür verantwortlich ist die Tatsache, dass Chrome auf der schnellen Rendering-Engine von Apples WebKit läuft. Auch die JavaScripts-VM ist sauschnell.
  • OpenSource: Wie auch bei Firefox liegt der komplette Code offen. Wer sich dafür interessiert, Googles Chromium-Projektseite öffnet wohl demnächst seine virtuellen Pforten.+

Das Schlechte:

  • Braucht die Welt wirklich einen weiteren Browser?
  • Standards: Gut, es ist noch eine Beta und andere Browser schaffen den Acid3-Test auch noch nicht. Aber noch schlimmer ist derzeit nur der IE.
  • Plugins: Zwar gibt es bereits am ersten Tag ein Flash-Plugin, doch das war’s auch schon.
  • Entwickler: Für wie viele Plattformen sollen Entwickler noch programmieren? Die werden eine weiter Plattform wohl nicht herbei sehnen.
  • Trägheit: Wer bis jetzt mit seinem Browser zufrieden ist, wird wohl nicht wechseln. Die Masse ist träge und wer bis jetzt noch nicht auf einen alternativen Browser wie Firefox oder Opera gewechselt hat, wird das wohl auch nicht tun.
  • So viel Neues? Ich kann nichts an Chrome finden, das es nicht auch anders wo gibt. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt spricht – außer, dass ich ihn testen wollte – nichts für einen Browserwechsel.

Das Fazit:
Nicht, dass mir jemand nachsagt, ich wäre gegen Wettbewerb. Nein: Jeder neue Browser ist bei mir willkommen. Aber ich glaube einfach nicht, dass Chrome so viel Neues bringt, um IE-Nutzer in Massen anzulocken. Diejenigen, die gewechselt haben, tun das. Die Masse bleibt bei dem, was sie hat.

Zudem machen sich immer mehr Nutzer Sorgen um ihre Privatsphäre und Google hat diesbezüglich nicht gerade das beste Image. Ich halte die erdbebenhafte Hype rund um einen Browser im Beta-Stadium für unnötig. Es ist einfach nur ein Browser mehr. Die Zukunft gehört Firefox und IE8. Sollte der es bis Jahresende – trotz eines zu erwartenden neuen Google Packs – auf zehn Prozent Marktanteil schaffen, fresse ich einen Besen.