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Roaming: Dein Abgeordneter entscheidet

Abgesehen davon, dass wir (kleine Österreicher) von der globalen Finanz- und Bankenkrise ohne EU und Euro ganz anders aussehen würden, gibt es noch einen zweiten Grund, der Europäischen Union dankbar zu sein: Sie nimmt sich des leidigen Roaming-Problems an.

EU-Flag (cc) rockcohen

Letzte Woche beschlossen die Telekom-Minister der Union ein ziemlich umfangreiches Paket, das viele Erleichterungen für Handykunden mit sich bringt:

  • Höchstpreise für den Versand einer SMS-Nachricht im Ausland ab 1. Juli 2009 von 11 Cent (plus USt. macht das 13,2 Cent). Geklärt wurde auch noch, dass der SMS-Empfang auch im Ausland weiter kostenlos bleibt.
    Das bedeutet, dass es im Ausland oft sogar billiger ist, als im Inland, wo bei Überschreitung der Paketmengen meist 25 Cent verlangt wird.
    Der SMS-Großhandelspreis für die Betreiber untereinander wird bei vier Cent (exkl. USt.) gedeckelt.
  • Mehr Transparenz: Wenn man ins Ausland fährt, muss man mittels einer automatischen Nachricht über alle Roaming-Tarife im jeweiligen Netz aufgeklärt werden.
    Ab Sommer 2010 muss jeder Kunde im vornhinein angeben können, wie viel die Roaming-Rechnung höchstens betragen darf. Bei Erreichen des gewählten Limits wird das Handy deaktiviert. Eine Maßnahme, die nicht nur gegen Überraschungen sondern auch im Falle eines Diebstahls schützen soll.
  • Datenroaming: Hier wurde der Großhandelspreis mit einem Euro je Megabyte gedeckelt. Man darf gespannt sein, ob hier auch die Endkundenpreise fallen werden und ob es tatsächlich zu mehr Wettbewerb kommt. Die Betreiber sagen ja immer, dass eine Deckelung der Großhandelspreise genau dafür sorgt.
  • Sekundengenau: Die Abrechnung aktiver und passiver Roaming-Gespräche muss künftig in Sekundenschritten erfolgen. Das könnte Anrufe im EU-Ausland sogar billiger machen als im Inland. Für aktive Gespräche im Ausland darf der Anbieter immer zumindest 30 Sekunden für den Gesprächsaufbau verrechnen.

Was muss noch geschehen, damit das pünktlich zum 1. Juli 2009 umgesetzt werden kann?
Nach der Absegnung im Ministerrat, muss es noch durch das Europäische Parlament genehmigt werden. Die Beschlussfassung fällt voraussichtlich in der Plenarsession vom 12. bis 15. Jänner 2009.

Bereits vor zwei Jahren wurde eine Deckelung der Preise fürs Datenroaming beschlossen. Die Absenkung soll bis 2012 jedes Jahr fortgesetzt werden. Nicht so wie 2007 und 2008 gelten die günstigeren Preise ab kommendem Jahr schon vor der Urlaubs-Hochsaison (jeweils ab 1. Juli). Preise ohne inkl. 20 Prozent Umsatzsteuer:

roaming-calls

Mehr über die Roaming-Regulierung der EU-Kommission gibt es hier: ec.europa.eu/roaming.

Appell an die EU-Abgeordneten Österreichs:
Die Roaming-Lobby in ganz Europa will das allerdings nicht so weiter gehen lassen. Folgenden Absatz habe ich heute als Presseaussendung bekommen.

mobilkom austria hat die Roaming-Preise in den letzten Jahren dramatisch gesenkt, was auch von der EU-Kommission lobend erwähnt wurde. Österreich ist ein Tourismus-Land, in dem deutlich mehr Gäste aus EU-Ländern telefonieren als Österreicher im EU Ausland und ist daher von der Regulierung deutlich stärker betroffen als andere Länder. Alexander Zuser richtet deshalb einen Appell an alle heimischen EU-Parlamentarier: „Die heimische Branche hat eine Vorreiter-Rolle in Europa. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, diesen Status beizubehalten und Regulierung nicht nur unter dem Aspekt kurzfristiger Senkungen von Einzel-Preisen zu verstehen, sondern als langfristige Maßnahme zur Absicherung eines gesunden Wettbewerbes.“ Mehr davon auf der ORF Futurezone.

Was die Mobilkom kann, können auch wir normale Bürger. Wir sollten an unsere Abgeordneten appellieren, sich von der Roaming-Lobby nicht beeindrucken zu lassen. Hier die Websites aller österreichischen Abgeordneten:

Abgeordneter Web E-Mail
Herbert Bösch (SPÖ) www.herbertboesch.at herbert.boesch@europarl.europa.eu
Wolfgang Bulfon (SPÖ) wolfgang.bulfon@europarl.europa.eu
Harald Ettl (SPÖ) www.harald-ettl.at harald.ettl@europarl.europa.eu
Othmar Karas (ÖVP) www.othmar-karas.at othmar.karas@europarl.europa.eu
Jörg Leichtfried (SPÖ) www.joerg-leichtfried.at joerg.leichtfried@europarl.europa.eu
Eva Lichtenberger (Grüne) eva.lichtenberger@gruene.at
Hans-Peter Martin (fraktionslos) www.hpmartin.net office@hpmartin.net
Andreas Mölzer (FPÖ) www.andreas-moelzer.at a.moelzer@aon.at
Hubert Pirker (ÖVP) www.hubert-pirker.at hubert.pirker@europarl.europa.eu
Christa Prets (SPÖ) christa.prets@europarl.europa.eu
Reinhard Rack (ÖVP) reinhard.rack@europarl.europa.eu
Karin Resetarits (Liberale) www.karinresetarits.at karin.resetarits@europarl.europa.eu
Paul Rübig (ÖVP) www.ruebig.at paul.ruebig@europarl.europa.eu
Karin Scheele (SPÖ) www.karinscheele.at karin.scheele@europarl.europa.eu
Agnes Schierhuber (ÖVP) www.agnes-schierhuber.at agnes.schierhuber@europarl.europa.eu
Richard Seeber (ÖVP) www.richard-seeber.at richard.seeber@europarl.europa.eu
Hannes Swoboda (SPÖ) www.hannes-swoboda.at hannes.swoboda@spoe.at
Johannes Voggenhuber (Grüne) johannes.voggenhuber@gruene.at

Die deutschen Abgeordneten finden sich übrigens hier: http://www.europarl.de/parlament/abgeordnete/auswahl_bundesland.jsp

Hinterfragenswert: Die Roaming-Lobby [Update 2]

Gestern fand sie also statt, die große Roaming-Podiumsdiskussion der heimischen Mobilfunkbetreiber. Logischerweise folgte eine Presseaussendung: „Studie belegt: EU Roaming-Regulierung gefährdet Telekommunikations-Standort Österreich“.

In der selten langen Aussendung wird darauf eingegangen, wie sehr die sinkenden Roaming-Preise Österreich schaden:

  • Da ist von Preisobergrenzen die Rede, die stark gesunken sind.
  • Die Umsätze im ersten Halbjahr wären um 37,4 Prozent zurück gegangen.
  • Da wird beklagt, dass die Roaming-Minuten gleichzeitig nur um vier Prozent angestiegen sind.
  • Bedrohend stark würden die Investitionen sinken: minus 41,2 Prozent.
  • und vieles vieles mehr.

Ohne diese Studie zu besitzen sind lobenswerterweise nur wenige Medien auf diese Lobby-Veranstaltung hereingefallen. Einzig – und das schmerzt umso mehr – das Ö1-Mittagsjournal brachte dazu eine „Belangsendung“.

Ich habe versucht, die Studie vom Prof. Dr. Jörn Kruse von der Bundeswehr-Universität Hamburg zu bekommen. Geschickt wurde mir lediglich ein dürftiges PDF mit der Präsentation, die mehr Fragen aufstellte, als sie beantwortet wurden.

roaming

Meine Fragen hat es in keinster Weise beantwortet. Im Gegenteil: Ich bezweifle die Seriosität der Studie. Jeder Wissenschaftler, der sich dieses Themas annimmt, muss sich zumindest folgende Fragen stellen und diese in einer seriösen Roaming-Studie auch beantworten.

[Update1]: Mittlerweile habe ich Antworten von T-Mobile bekommen. Auf Reaktionen wirkliche Erklärungen und Anworten der Mobilkom oder Orange bzw. die Studie von Prof. Kruse warte ich jedoch weiter.

  • Umsatzaufteilung:
    Wie ist die Aufteilung der Roaming-Umsätze (EU- und Nicht-EU-Ausländer im Inland/Inländer in der EU/Inländer außerhalb der EU)? Erst wenn man das beantwortet hat, kann man von – durch die EU verordneten – Verlusten aus dem Roaming-Geschäft beziffern?
    T-Mobile: Die genaue Aufteilung der Roaming Umsätze der jeweiligen Betreiber wird nicht bekannt gegeben – die Studie von Herrn Prof. Kruse schildert hier einen sehr guten Branchenüberblick (auch wenn 3 nicht vertreten ist).
  • Wettbewerb um Firmenkunden:
    Wie groß ist die Umsatzminderung aufgrund von Rabatten an Firmenkunden? Großkunden bezahlen innerhalb wie außerhalb der EU weit weniger als Normalkunden und in letzter Zeit hat sich der Wettbewerb um die größten Firmenkunden stark auf das Roaming verlagert. In den USA bezahlt ein mir bekannter Großkunde bei einem großen Betreiber beispielsweise nur 18 Cent (netto, aktiv wie passiv).
    T-Mobile: Die Preisgestaltung obliegt den jeweiligen Anbietern. Wenn Die einzelnen Betreiber individuel zugeschnitte Pakete für gewissen Kundengruppen schnüren, obliegt das betriebswirtschaftlichen Überlegungen und geschieht aus freien Stücken.
  • Wettbewerb im Inland:
    Wie hoch sind die Umsatzminderung aufgrund des Wettbewerbs im Inland? Höher als beim Roaming? Sollte man sich nicht deshalb Sorgen um die Investitionen machen? Nach meinen Berechnungen betrug der Umsatzverlust der Mobilkom im Vorjahr beim Roaming nur 0,5 Prozent des gesamten Umsatzes und er liegt auch heute sehr wahrscheinlich noch über dem Niveau von 2005.
    T-Mobile: Die Umsatzminderung ist hoch, doch resultiert sie aus einer gesunden Wettbewerbssituation (Anmerkung: aus dem Kommunikationsbericht der RTR 2007 folgt, dass z.B. 2007 der Umsatzrückgang 5 % im Vergleich zu 2006 betragen hat, auf Vorleistungsebene um 14 %, hauptsächlich verursacht durch Regulierungsmaßnahmen (Roaming und Terminierung)). Diese Umsatzminderung prangern wir auch nicht an und sie ist ja auch im Sinne der österreichischen Kunden und wirkt sich auch positiv auf die Inflationsrate aus.
  • Die wahren Kosten:
    Wie hoch sind die Kosten fürs Roaming überhaupt unter den Netzbetreibern? Meiner Meinung nach lässt sich dieses Thema erst seriös erörtern, wenn auch diese Zahlen am Tisch sind. Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten im Verbund der großen Konzerne (Vodafone, T-Mobile, Orange etc.)?
    T-Mobile: Innerhalb der EU gelten die regulierten Vorleistungs-Sätze, mit ausgewählten Partnern werden noch zusätzlich Rabatte vereinbart.
    Ausserhalb der EU gelten die dieselben Roamingkosten-Sätze wie zuvor, hier werden auch mit ausgewählten Partnern Rabatte vereinbart.
  • Datenroaming:
    Wie rechtfertigt man die exorbitant hohen Kosten? Ich wünsche Viviane Reding alles Gute, auch hier die Sache zu regulieren.

Wurde hier ein Gefälligkeitsgutachten geschrieben? Das heißt nicht, dass das der Fall ist. Aber der Eindruck könnte durchaus entstehen. Eine Antwort auf meine Fragen an Herrn Prof. Kruse stehen ebenfalls noch aus.

Mir drängt sich außerdem der Eindruck auf, als würde die Branche nur deshalb so laut jammern, weil sie gewaltige Spannen beim Roaming verliert.

Lobenswert finde ich dagegen Drei, die nicht an der Veranstaltung teilnahmen und gestern per Presseaussendung mitteilten: 3 plädiert für internationales Roaming ohne Angst. Also: Legen wir alle Zahlen auf den Tisch und diskutieren wir über Kostenwahrheit. Wenn ich dann drauf komme, falsch zu liegen, bin ich der erste, der höhere Roaming-Kosten unterstützt!

[Update]: Man freut sich immer wieder, wenn man etwas von Europa-Parlamentariern hört. Paul Rübig meldete sich laut FuZo dazu ebenfalls zu Wort:

Die Betreiber würden immer noch „gesunde Gewinne“ durch Roaming erzielen, teilte Rübig in einer Aussendung mit: „Die Roaming-Regulierung erlaubt den Unternehmen eine Gewinnmarge von 60 Prozent. Das ist viel höher als bei anderen Diensten, und zudem gibt es noch genügend Spielraum für Wettbewerb.“ Es liege ganz alleine an den Netzbetreibern und ihrer Unternehmenspolitik, so Rübig.

Fünf Fragen an die Mobilfunker

Am Donnerstag gibt es in Wien ein Gipfeltreffen der Mobilfunker. Um 16 Uhr gibt es eine Podiumsdiskussion im Wiener Hotel Le Meridien. Mit dabei sind:

Das Thema: „EU Roaming-Regulierung gefährdet Telekommunikations-Standort Österreich“

Schade, dass ich da nicht dabei sein kann, denn ich hätte auch ein paar Fragen zu dem Thema. Die stelle ich schon einmal hier am Blog – vielleicht kommt ja eine Antwort in den Kommentaren dazu …

  1. Wieso zahlt man als Privatkunde für eine Minute in den USA 2,40 Euro, wo man als Firmenkunde etwa bei der Mobilkom dieselbe Leistung für unter 20 Cent (netto versteht sich) nachgeschmissen bekommt?
  2. Wie rechtfertigt man die exorbitanten Preise für Daten-Roaming? Wieso werden selbst in Nachbarländern noch weit über zehn Euro für ein Megabyte fällig und wieso muss man in den USA dafür immer noch bis zu 20 Euro bezahlen?
  3. Wozu gibt es internationale Netzwerke? Wieso muss ich beispielsweise bei T-Mobile in den USA selbst im Wlan horrende Roaming-Fees bezahlen? Warum ist es für Mobilkom-Kunden bei VIPnet in Kroatien so viel teurer als hierzulande, wo doch beide Firmen im Konzern sind? Wie groß war Ihr Schock, als Sie von 3 Like Home gehört haben?
  4. Hätte sich bei den Sprachtarifen im EU-Ausland irgendetwas getan, wenn nicht die EU eingeschritten wäre?
  5. Finden Sie die Preise gerechtfertigt?

Ich bin oft im Ausland und habe nicht die Gnade, dass irgendwer meine Handyrechnung bezahlt. Und ob ich will oder nicht – ich muss oft nach Österreich telefonieren. Ich muss Texte durchgeben, mit Ressortverantwortlichen sprechen und vieles mehr. Wäre schön, wenn Sie das auch einmal selbst blechen müssten – natürlich im Verhältnis zu Ihrem Einkommen. 200 Euro sind für mich nämlich weit mehr als für Sie, Liebe Herrn CEOs, CMOs oder CFOs!

Ich will nichts geschenkt und ich will nicht, dass Sie unter Ihren Kosten anbieten müssen. Aber wenn man so manche Angebote für Großkunden kennt, wundert man sich schon. Wird nur der kleine Kunde abgezockt?

Auch will ich nicht, dass Sie kein Geld zum Investieren haben. Ich will vielmehr Kostenwahrheit! Österreich ist eines der günstigen Mobilfunkländer der westlichen Welt. Als Tourismusland liegt eine nicht unbeträchtliche Einnahmequelle der Handynetzbetreiber im Roaming. Wenn das wegfällt, muss es halt im Inland teurer werden. Aber das traut sich zwar keiner, würde aber schlussendlich das Festnetz absichern. Und schlussendlich würde es zu mehr Wettbewerb führen.

Außerdem: Jammern kommt nicht gut. Wie groß ist denn der Roaming-Anteil am Gesamtumsatz? Hier ein paar Details aus der Bilanz der Mobilkom Austria (Seite 74).

umsatzverteilung

Die 6,6 Prozent Rückgang beim Roaming im Vorjahr könnten über das ganze Jahr 2008 mehr werden, weil die EU-Regelung erst im Sommer 2007 in Kraft getreten ist. Allerdings schaut der Rückgang weit dramatischer aus, als er in Wirklichkeit ist. In absoluten Zahlen sind es 17,1 Millionen Euro, was 0,56 Prozent des Gesamtumsatzes entspricht. Ich nehme einmal an, dass andere Mobilfunker ähnliche Zahlen haben werden. Also bitte: Lasst die Kirche im Dorf!

Außerdem befinden sich die Erlöse (siehe Bilanz 2006) aus diesem Posten mit plus 17,6 Prozent immer noch deutlich über dem von 2005. Damals wurden mit Roaming „nur“ 204,8 Millionen Euro erlöst.

Anstelle der Mobilfunker würde ich mir um ganz andere Dinge Gedanken machen. Schauen wir uns noch zwei Kennzahlen der Mobilkom-Gruppe an, die sich ebenfalls auf Seite 74 befinden:

  • Das Kundenwachstum etwa: 2006 hatte die Mobilkom 10,2 Millionen Kunden, 2007 waren es schon 15,4 Millionen. Ergibt ein Plus von 50,9 Prozent. Der Umsatz wuchs in Summe aber nur 4,6 Prozent. Dass der durchschnittliche Monatsumsatz pro Kunde (ARPU) um 10,2 Prozent von 34,4 auf 30,9 Euro sank, hat wohl kaum mit Roaming zu tun (Seite 72).
  • Die Anlagenzugänge spiegeln die Investitionsfreude wieder. Hier gibt es trotz Expansion ein kräftiges Minus. 2006 betrug dieser Posten noch 712,8 Millionen Euro, im Vorjahr waren es nur noch 526,8 Millionen Euro. Macht ein Minus von 26,1 Prozent.

Ist die Panik der Mobilfunker gerechtfertigt? Sind die Raoming-Preise in Ordnung? Oder hab ich irgendwo einen Denkfehler und liege komplett falsch?

BarCamp in Triest

Am 22. Dezember öffnen sich die Grenzbalken zu einigen „neuen“ EU-Mitgliedern im Osten. Besondere Freude daran wird man in Triest haben – die Stadt liegt direkt an einer über Jahrzehnte hindurch geschlossenen Grenze.

Die Schengen-Mitgliedschaft des Nachbarns Slowenien feiert die Stadt mit einer Reihe von Veranstaltungen – darunter auch einem BarCamp.

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Das MittelCamp geht am 21. Dezember über die Bühne. Nach vielen sehr kurzen Vorträgen (die Rede ist von jeweils nur zehn Minuten, alles in englisch) wird gefeiert. Ich bin dabei, weil ich einmal gespannt bin, was sich über dem Tellerrand so tut. Dazu kommt, dass die BarCamp-Kultur in Italien zwar ausgeprägt ist, aber so gar nicht mit der unsrigen vergleichbar ist.

Wer ist noch interessiert, was abseits von SiliconValley, Deutschland oder Österreich abgeht?

Offenes Kartenmaterial: OpenStreetMap

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Ich hab mir grad ein neues Handy mit GPS-Navi gekauft. Beim Rumsuchen nach neuen Möglichkeiten auf ein wirklich interessantes OpenSource-Projekt gestoßen: Open Street Map. Google Maps, Yahoo Maps, Virtual Earth und andere dominieren die Webkartografie, Navteq (jetzt Nokia) und Teleatlas teilen sich den Markt für Nativationsgeräte und Handys auf. Daneben wächst aber still und leise das offene Kartenprojekt heran.

10.000 Nutzer haben seit Juli 2004 bei OpenStreetMap bereits neun Millionen Geopunkte zusammen getragen. Seit Juli 2006 hat sich dabei die Datenmenge verzehnfacht.

Und dennoch: im Vergleich zur kommerziellen Konkurrenz ist die Datenbasis noch mehr als dürftig. Sieht man von Wien, Graz und Innsbruck ab, ist keine österreichische Stadt noch kartografiert. Und auch in den genannten Städten gibt es teilweise noch viele Lücken

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Österreichweit gibt es darüber hinaus nur noch Autobahnen und die wichtigsten Bundesstraßen.

Europaweit zeigt sich, dass vor allem Deutschland, Benelux und Großbritannien ganz passabel kartografiert sind. Abseits des „Mainstream“ – etwa in Osteuropa gibt es nicht viel mehr als weiße Flecken auf der Landkarte.

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Es stellt sich natürlich die Sinnfrage nach dem doch gewaltigen und laufendem(Straßen verändern sich ja ständig) Aufwand. Die von den Nutzern mittels GPS-Geräten gewonnen Daten stehen unter der Creative Commons Attribution/Share Alike-Lizenz zur Verfügung. Das bedeutet, dass sie jeder ohne Einschränkungen und Lizenzgebühren nutzen darf.

Zwar muss man heute auch nichts für das Einbinden von Google Maps & Co. bezahlen – allerdings nur bis zu gewissen Höchstgrenzen der Nutzerzahlen. Und niemand kann sicher sein, was in Zukunft alles auf der „eigenen“ Web-Karte an Werbung eingeblendet wird.

Zweitens werden so Navigationsdienste einfacher umzusetzen, weil keine Lizenzgebühren fällig werden. Ein Beispiel dafür ist die freie Software GPS-Drive. Müsste Jörg Ostertag voll für das Kartenmaterial bezahlen, gäbe es die Navi-Software für Linux, Mac und Windows Mobile wohl nicht.

Die Geodaten von OpenStreetMap lassen sich übrigens auch in „echte“ Navi-Geräte einspielen.

Geo-Daten gewinnen immer mehr an Bedeutung und in diesem Kontext könnte die Community einen wichtigen Baustein liefern. Die Zukunft könnte auch bunt werden. So denkt man gerade darüber nach, wie Satelliten-Bilder von Landsat 7 – sie stehen im öffentlichen Eigentum (Public Domain) – integriert werden könnten. Außerdem wurde ein Abkommen mit Yahoo geschlossen. Damit ist es möglich, Satelliten- und Luftbilder zum Erfassen neuer Straßen zu nutzen.

Schon in den nächsten Monaten sollen die kompletten USA im offenen, virtuellen Atals abgebildet werden. Möglich wird das, weil die so genannten Tiger-Daten vom United States Census Bureau eingespielt werden.

Lange dürfte es nicht mehr dauern, bis auch die komplette EU erfasst ist. Die Inspire-Richtlinie zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft schreibt vor, dass bis 2007 alle EU-Staaten ihre Geodienste der Öffentlichkeit zugänglich machen müssen. Einschränkungen oder Entgelte sind zwar erlaubt, müssen jedoch von Fall zu Fall argumentiert werden.

Hat Nokia mit 5,7 Milliarden Euro zu viel für Navteq bezahl?

Inspiration: 3Sat Neues (Podcast)

Zu weich, zu wenig weich und weich

EU EURO

Heute war kein guter Tag für Bill Gates. Die 497 Millionen Euro Strafe der EU werden ihm wohl weniger schmerzen, als der Imageschaden, den sein Unternehmen heute erlitten hat und die Sanktionen, die vielleicht noch im Raum stehen. Und auch für die EU war der heutige Tag kein Ruhmesblatt. Aber der Reihe nach.

Das EU-Verfahren begann vor 14 Jahren: Schon 1993 klagte Novell, dass Microsoft seine monopolartige Stellung ausnütze, um Konkurrenten zu vertreiben. 1998, als das Antitrust-Verfahren in den USA am Höhepunkt war, schloss sich dem Sun Microsystems an und einige weitere Konkurrenten an. Real Networks hatte etwa etwas gegen das Bundeling vom Windows Media Player mit Windows XP. Die lange Reihe derer, die in Brüssel ihr Leid mit Bill Gates klagten, hörte bei im Vorjahr bei Adobe auf. Die Softwareschmiede aus San Jose verhinderte, dass Office 2007-Programme auch PDF-Dateien schreiben konnten.

2004 verdonnerte die EU-Kommission dann Microsoft zur besagte Strafe von 497 Millionen Euro und machte zwei Auflagen:

  1. Die Redmonder müssten auch eine Windows-Version ohne Mediaplayer anbieten.
  2. Außerdem müssen sie all ihre Schnittstellen auch der Konkurrenz zugänglich machen.
  3. Microsoft muss auf eigene Kosten mittels unabhängigen „Beratern“ den Fortschritt untersuchen lassen.

Gestern entschied der EU-GH im Wesentlichen nur, dass die EU 2004 recht hatte. Microsoft muss also die obigen Vorgaben erfüllen. Lediglich dem Einspruch Microsofts gegenüber dem der dritten Punkt gaben die Höchstrichter statt.

Soweit die Fakten, hier mein Senf dazu:

Beim Mediaplayer war die EU-Kommission schon 2004 wenig konsequent. Dass niemand ein Windows mit reduzierter Funktionalität zum gleichen Preis kaufen würde, müsste selbst dem dümmsten Eurokraten klar sein. Richtig wäre gewesen, nur noch die reduzierten „N-Versionen“ in Europa zuzulassen. Abgegangen wäre so keinem Konsumenten irgendetwas, schließlich ist – sorry, Microsoft – der Windows Media Player allem unterlegen, was es da draußen im Web gratis gibt. Und von der Media Center Edition hat man ohnehin nur homöopathische Dosen verkauft.

Bei den Servern und Schnittstellen ist die Sache einfach: Microsoft hat sich – ob es will oder nicht – dem Spruch der EU zu beugen. Kostenlos müssen sie das aber nicht tun – das wäre Enteignung und das weiß auch Brüssel. Es muss Microsoft aber klar sein, dass es sich für die Konkurrenz betriebswirtschaftlich rechnen muss, Technik zu lizenzieren. Hierfür einen fairen Preis zu finden, wird nicht einfach.

Die zuständige Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat sich heute aber auch nicht mit Ruhm bekleckert. Kommt es nur mir so vor, oder ist die Kommission derzeit am Publicity-Trip? Das mit dem Handy-Roaming etwa war so eine halbe Sache, die nur Bürokraten ohne Netzkontakt einfallen hätte können (Sprache regeln, aber alles andere vergessen).

„Ein Marktniveau von viel weniger als 95 Prozent wäre eine Möglichkeit, den Erfolg zu messen“, sagte Kroes heute laut APA. Es sei nicht wichtig dass es „genau 50 Prozent“ seien, die Kommission erwarte aber „eine deutliche Reduktion des Marktanteils“, sagte die oberste Wettbewerbshüterin der EU. Bis wann das umgesetzt sein müsse, sagte sie nicht: „Je früher, desto besser“. Und außerdem: „Microsoft müsse sich ändern“.

Abgesehen davon, dass das auf absehbare Zeit unrealistisch ist, meine ich, dass sich Microsoft bereits geändert hat. Ohne sämtliche Schweinereien aufzuzählen, die bis zu den Antitrust-Verfahren gelaufen sind – in den letzten Jahren hat sich das Unternehmen gewandelt.

Wer erinnert sich noch an die Reaktion aus Redmond, als sich Google im Juli über die Dateisuche in Vista beklagte? Man entschuldigte sich umgehend und kündigte an, das im Servicepack 1 zu reparieren. Wer hätte das noch vor ein paar Jahren gedacht? Oder die fast kleinlauten Worte heute von Chef-Justiziar Brad Smith? Der hat sich fast persönlich dafür entschuldigt und in jedem zweiten Satz Besserung gelobt. Sicher: Ich möchte mit ihm nie verhandeln müssen und Microsoft ist sicher auch nicht zum Zentrum des Guten mutiert. Aber zumindest die öffentliche Wortwahl und Reaktionen sind nicht mehr das, was sie einmal waren, als Bill Gates noch alle Zügel in der Hand hatte.

Genau: Fing die Besserung nicht zeitgleich an, als Bill Gates die Tagesgeschäfte abgab?

Für die Katz

Galileo Satellit, (c) ESAMit Milliarden von Steuermitteln will die EU-Kommission 30 Galileo-Satelliten ins All schießen. Weil es andererseits das völlig kostenlose Navigationssystem GPS der Amerikaner gibt, lassen sich kaum Umsätze generieren. Wer bezahlt schon für etwas, das es anderswo gratis gibt. Daher scheint das private Trägerkonsortium zu zerbröseln. Die Frist zur Bildung einer Firma ließen die beteiligten Firmen mehrmals verstreichen. Daher will nun die EU das in einem Kraftakt selbst durchziehen.

Man möge mir aber erklären, warum wir das brauchen und wozu der Steuerzahler 2,4 Milliarden Euro tief in die Tasche greifen muss. Hier meine zwei Argumente zu den am meistgenannten Gründen der Befürworter.

Höhere Genauigkeit
Das stimmt: Galileo ist dank neuerer Technik weit präziser als GPS. Während die Amerikaner im allerschlechtesten Falle 15 Meter daneben liegen, soll Galileo lediglich eine Ungenauigkeit von einem Meter aufweisen.

Aber: Wer von seinem Navi 15 Meter vor eine Pizzeria geleitet wird, kann – so er halbwegs intelligent ist – den Eingang nicht mehr übersehen.

Unabhängigkeit von den USA
Hier ist das Thema schon ein wenig komplexer. Wann immer die USA im Krieg sind, behalten sie sich das Recht vor, Teile des Systems oder alle Satelliten ohne Vorwarnung abzuschalten. Nur die eigenen Streitkräfte könnten dann noch mit Hilfe spezieller Codes navigieren.
Das ist vor allem dann kritisch, wenn nicht gerade befreundete Verbände (Terroristen und andere Bösewichte) in den Besitz von GPS-gesteuerten Lenkwaffen kämen. So könnten diese mit amerikanischer Hilfe Amerikaner treffen.

Aber: Kein Mensch wird mir einreden können, dass die Europäer ihr System nicht ebenfalls zeitweise abschalten, wenn so ein Fall eintritt. Welcher europäische Politiker wird sich noch nach Washington trauen, wenn unsere Satelliten Waffen von Terroristen steuern?

Und außerdem: Die letzte regionale Abschaltung von GPS datiert ins Jahr 1991 zurück, als amerikanisch Streitkräfte in Bosnien und Serbien eingriffen. Fußnote: Die Europäer haben es jahrelang nicht geschafft, Frieden in den Balkan zu bringen.

Und noch etwas: Am Markt sind hunderte Millionen GPS-Empfänger. Wenn Galileo 2013 im Volleinsatz ist, werden womöglich schon Milliarden von noch ausgereifteren GPS-Chips im Umlauf sein. Vielleicht wird jedes Handy bis dahin seine Positionsdaten von US-Satelliten bekommen.

Also, liebe EU: Geld sparen und etwas Eigenes, etwas Neues damit machen!

Nein, ich bin kein Terrorist!

Bis Mittwoch bin ich noch in Brüssel und schau mir an, wie die EU bzw. deren Regionen das Braodband-Gap bridgen wollen (schönes Denglisch). Disclaimer: Kärnten Klick hat eingeladen.

Wie ich so ins Walhaller der EU vorstoße, lese ich von der Vorratsdatenspeicherung. Zur Erinnerung: Bald sollen Telekommunikations-Verbindungsdaten sechs Monate lang gespeichert werden. Allerdings „nur“ die Verbindungsdaten – also wer an wen was schickt – aber nicht der Inhalt. Das heißt: Ein Provider muss Aufzeichnungen darüber führen, wem ich welche E-Mail wann geschickt habe.

Das macht mich aber stutzig: Ich bin mein eigener E-Mail-Provider. Ich habe meinen eigenen Mail-Server – vermutlich genau so wie die Al Quaida. Wem muss ich meine E-Mails melden? Es kann ja nicht sein, dass ich als einziger dem Netz entgehe. Suspekt wäre ich und womöglich auch terror-verdächtig.

An wen kann/muss/soll ich mich wenden? Welcher Behörde muss ich meinen Mail-Server melden? Dem Innenminister? Dem Infrastrukturminister, der die Sache ins Parlament bringt? Bitte um Aufklärung, ich will nicht als Terrorverdächtiger gelten!

Ich hoffe, die zuständige Behörde bekommt viele solcher Anfragen. So viele, dass sie mit dem Beauskunften von privaten Mailserver-Betreibern schon ausgelastet sind. So viele, dass selbst der dümmste Brüsseler Bürokrat auf die Idee kommt, dass das nichts bringt.

Der Leser als Chefredakteur

Warum ich kein Chefredakteur werden will? Weil das – abgesehen, dass man zum Verwalter von Platz degradiert wird – kein Job mit Zukunft ist.

Schaut man ins Web, wird eines sofort klar: Die größte Konkurrenz für Medienhäuser kommt von ihren Lesern. Sie haben nun Werkzeuge in der Hand, sich die für sie interessantesten Nachrichten selbst zusammen zu stellen. Leser werden zu ihren eigenen Chefredakteur — das betrifft die individuelle Auswahl an Themen ebenso wie deren Gewichtung durch die Masse.

Der 29jährige Internet-Unternehmer Kevin Rose hat mit seiner Website digg.com genau diese Idee aufgenommen. Nutzer tragen dort Themen zusammen, bewerten und kommentieren diese. Gefällt einem Leser eine Nachricht, kann er dies mit einem simplen Klick kundtun. Je mehr Leser eine Nachricht in einer bestimmten Zeit „diggen“, desto besser und relevanter ist sie offensichtlich. Acht Millionen tägliche Besucher sorgen so dafür, dass keine irrelevanten Nachrichten nach oben kommen — eine Feedback-Schleife, wie sie ein gedrucktes Medium nie haben kann.

Wikio LogoWährend digg.com hauptsächlich auf Technologie spezialisiert ist, wächst in der französischen Schweiz eine echte Konkurrenz für europäische Medien heran: Wikio.com ist zwar noch im Teststadium, wird aber noch in diesem Sommer seine virtuellen Pforten öffnen und auch im deutschsprachigem Raum aktiv sein.

Der Unterschied zum Valley

Robert Scoble meint, dass Nichtraucher-Gesetze den Unterschied zwischen dem Silicon Valley und Europa ausmachen würde. Die Geeks im Valley würden einfach weniger rauchen und seien deshalb produktiver und innovativer. Also so ganz kann ich das nicht glauben – zumal ich auch rauche.

Der Unterschied zum Valley liegt meiner Meinung nach wohl eher in der Offenheit der Leute und dass dort so viele innovative Menschen an einem Ort zusammen arbeiten. Dadurch werden Ideen und Meinungen zu Tech-Themen viel eher ausgetauscht als hier.

Ich kann mich an ein „Valley Talk“ in der Wirtschaftswoche erinnern. Darin wurde eine Szene aus einem Pub geschildert. Jemand hat nur sagen müssen „Hey, I’ve seen something new!“ und einige rundherum haben sich umgedreht. In Europa ist „Something New“ wohl eher eine Drohung. Um vorne mit dabei zu sein, muss man einfach offen sein und die Möglichkeiten erkennen statt Gefahren zu analysieren.

Ich fahr im Herbst ins Valley und schau mir das alles einmal selbst an. Bin schon gespannt …