Fladerer, gewöhnliche Diebe

Ich habe lange davor zurückgeschreckt, freiheitliche Politiker als „Fladerer“ zu bezeichnen – das Kärntner Wort steht für „gewöhnliche Diebe“. Ich konnte es aus meiner journalistischen Vergangenheit heraus nicht tun, weil es eine Vorverurteilung darstellt.

Ibiza-Gate, bei dem Heinz-Christian Strache einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte öffentliche Infrastrukturaufträge (auch zu überteuerten Preisen) bei voriger politischer Unterstützung in Aussicht gestellt hatte, zeigte mir endlich, dass diese Zurückhaltung unnötig war. Wer soll da noch klagen? Wer soll angesichts solcher Aussagen noch anderes behaupten können, wollen oder dürfen? Es ist längst überfällig, zu sagen, was zu sagen ist: viele freiheitliche Politiker sind einfach nur „Fladerer“. Punkt.

Das war schon in Kärnten der Fall, wo öffentliche Gelder am laufenden Band für Broschüren, Werbegeschenke oder Postenschacher draufgingen, um die Macht zu erhalten. Dörfer, Dobernig & Co. füllten einen ganzen Blog und beschäftigten mich über Jahre hinweg. Das Archiv von k2020 lebt übrigens nach wie vor.

Das perfide System der Rechtspopulisten lässt viele „kleinen Leute“ immer wieder auf Strache, Kickl, Hofer, Dörfler & Co. hereinfallen. Früher waren es vielfach „Verlierer“, die meinten, mit einer FPÖ-Stimme es „denen da oben“ zeigen zu müssen. Das Ergebnis hätte schon in Kärnten ernüchternd sein müssen. Das dritte Lager machte stets Politik zugunsten von „denen da oben“ (Strache spricht im Ibiza-Video ganz offen an, dass reiche Spender niedrigere Steuern wünschen und bekommen) und zulasten von Ärmeren. In der Tat sind es die Ärmsten und Wehrlosesten (Frühpensionisten unter 40 Versicherungsjahren, Migranten und ähnliche Gruppen) gegen die sich das Tun der FPÖ richtet.

Die ständige Wiederholung falscher oder bewusst erlogener Aussagen (Trump lässt grüßen) manipuliert mittlerweile auch ganz andere Bevölkerungsgruppen und lässt diese glauben, die Freiheitlichen wären auf ihrer Seite und würden das Beste für das Land wollen. Ängste vor anderen zu schüren, ging schon oft – nicht nur bei der FPÖ – auf.

Wenn das Ibiza-Video etwas zeigt, dann das: Freiheitlichen sind die Interessen russischer Oligarchen mehr wert als die der Bürgerinnen und Bürger Österreichs. Gegen Spenden verhökern sie denen Tageszeitungen, Teile des ORF oder auch gleich Infrastruktur und Wasser. Sie pfeifen (um kein Wort mit sch… zu benutzen) auf alles und jeden, solange sie an der Macht bleiben können. Dazu brauchen sie Geld und das kommt wiederum von Großspendern über Vereine (nur bei der FPÖ?) zu ihnen.

Österreich hat die geringste Kriminalitätsrate seit Jahrzehnten und gehört zu den sichersten Ländern der Welt. Dennoch wird dicht gemacht, überwacht und in Sicherheit (statt Bildung) investiert. Mit der Angst vor anderen wird argumentiert, warum Aussperrung, Grenzschließung und Einschränkung von Bürgerrechten nötig seien. Seit die FPÖ wieder in der Bundesregierung sitzt, werden Tabus am laufenden Band gebrochen, um die Grenze des gerade noch Tolerierbaren immer weiter nach Rechtsaußen zu verschieben. Die Politik wird dabei ebenso einfach über das Recht gestellt wie Menschenrechte ganzen Gruppen von Menschen versagt werden. Es werden Fantasieunformen getragen und bei Hausdurchsuchungen von Neonazis zwölf Minuten geklopft, um diesen noch die Möglichkeit zu geben, dass belastendes Material verschwinden kann. Provoziert wird auch immer wieder, wenn es etwas zu verdecken gilt.

Eigentlich ist die FPÖ-Politik sehr durchschaubar. Handlungsmuster wie Feindbilder sind am äußerst rechten Rand immer wieder dieselben. Die Opferrolle auch. Es sind George Soros, die vereinigte Linke, Journalisten, Migranten oder gar ein Tal Silberstein, die immer wieder „gegen uns sind, weil wir für euch sind“. Nein, sind sie nicht. Nein, seid ihr nicht. Ihr seid einfach nur Fladerer. Gewöhnliche Diebe. Punkt.

Ach ja, auch die kleine, aber wachsende Zahl an Neonazis in diesem Land sollte enttäuscht sein. So mancher meint schließlich, er würde Strache & Co. wählen, um den feuchten Traum vom Dritten Reich wieder träumen zu können. Auch denen sei gesagt: Es sind nur gewöhnliche Fladerer und keine Ideologen. Strache & Co. wären linksradikal, gäbe es dafür eine populistische Mehrheit.

Wer schreibt so etwas?
Bin ich links? Nein, denn so manche Klassenkampfrhethorik von Gewerkschaftern widert mich als hart arbeitender Unternehmer an. Progressiv? Am ehesten: Ich liebe Veränderung und Fortschritt, weil die Menschheit primär Zukunft gestalten und nicht Vergangenheit verwalten sollte. In diesem Sinne bin ich sicher nicht konservativ (insbesondere weil ÖVP und SPÖ laufend mit diesen Fladerern koalieren, sind sie für mich unwählbar). Liberal? Ja, zu einem gewissen Teil. Aber mein schizophrenes Ich sagt mir auch, dass wir in vielen Bereichen mehr Verbote (etwa beim Nichtraucherschutz ) und strengerer Regeln (beim Klimaschutz, gegen Steuervermeidung von Konzernen oder gewöhnlichen Pfusch von Handwerkern) brauchen. Bin ich grün? Wenn die wirklich grün wären, dann vielleicht auch ein wenig.

Ich bin ich und darf zwiespältige Meinungen haben. Ich darf diese Meinungen auch immer wieder ändern. So soll es (für mich) sein. Gleichzeitig zu fladern und Menschen zu verachten – so etwas ist absolut das Letzte!

Titelfoto: Wenn jemand das Urheberrecht dafür einmahnt … gerne per E-Mail.