Der größte Marketing-Stunt aller Zeiten

Der Stratosphärensprung von Felix Baumgartner reiht sich nahtlos in die ganz großen Medienereignisse des Jahres 2012 ein: die Olympischen Spiele in London, die Fußball-EM 2012, die US-Präsidentschaftswahl oder die Landung des Curiosity-Rovers am Mars.

Keine Frage: Es war eine tollkühne Leistung, die der Österreicher und das Team da vollbrachten. Je nach Medienbericht wurden dafür fünf bis sieben Jahre an Vorbereitung und rund 50 Millionen Dollar (39 Mio. Euro) aufgewendet. Geld und Mühen, die sich letztendlich gelohnt haben, denn das Ereignis wird wohl als Fallstudie für die erfolgreichste Marketing-Aktion aller Zeiten in die Geschichte eingehen.

Ob Stratos von großem wissenschaftlichem Wert war oder sein wird, ist umstritten. Ob der Nachrichtenwert die kolossale globale Berichterstattung rechtfertigt, mögen andere beurteilen. Spannende Unterhaltung war’s allemal. Die OÖ-Nachrichten brachten das Ereignis (zumindest für mich) sehr zutreffend mit einer Karikatur auf den Punkt:

(c) OÖ Nachrichten

Fakt ist: Red Bull und letztendlich auch Österreich genossen am vergangenen Sonntag globales Ansehen. Dietrich Mateschitz gehört Respekt gezollt, seine Marketing-Strategie war schon vor diesem Stunt genial. Die gestern gebrochenen Marketing-Rekorde scheinen für die Ewigkeit betoniert zu sein. Zu toppen wird das höchstens durch einen RedBull-A(u)stronauten am Mond oder Mars.

Österreichs Tageszeitungen:

Bei einem habe ich mich getäuscht. Am Sonntag wollte ich wetten, dass zumindest alle heimischen Tageszeitungen den „Sprung von der Baumgartnerhöhe“ auf der Titelseite haben werden. Ich erinnere mich noch an Baumgartners Überquerung des Ärmelkanals. Am 1. August 2003 machten 100 Prozent aller alpenrepublikanischen Tageszeitungen mit demselben Foto auf.

Heute? Auch aus Mangel an anderen großen Themen brachten 13 von 14 Blätter den Sprung auf ihr Titelblatt, lediglich das Wirtschaftsblatt hatte Baumgartner nicht auf der Einser. Durch den späten Sprung sprachen hier womöglich produktionstechnische Gründe dagegen.

Zeitungen international:

Auch international waren Druckerpressen wie Journalisten damit beschäftigt, Bilder Sprunges unters Volk zu bringen – vielfach auf Seite 1. Aufgrund der Zeitverschiebung sollte morgen noch ein Schwung in Asien und Ozeanien folgen. Magazine sonder Zahl dürften sich in den nächsten Wochen und Monaten ebenfalls dem Thema widmen.

Buenos Aires Herald, Argentinien El Mercurio, Chile El Tiempo, Kolumbien
El Univesal, Kolumbien Le Parisien, Frankreich Bild, Deutschland
Augsburger Allgmeine, Deutschland Passauer Neue Presse, Deutschland The Irish Times, Irland
The Jerusalem Post, Israel Maariv, Israel La Stampa, Italien
Corriere dello Sport, Italien Il Messaggero, Italien Kuwait Times, Kuwait
The Daily Star, Libanon Volksblatt, Liechtenstein 24, Luxemburg
The Times, Malta The Independent, Mauritius Algemeen Dagblad, Niederlande
Dziennik Polski, Polen Kurier Polanny, Polen Jurnal, Rumänien
The Witness, Südafrika Ara, Katalonien, Spanien Dario, Spanien
El Correo Gallego, Spanien La Vanguardia, Spanien Hoy, Spanien
El Pais, Spanien Aftonbladet, Schweden Expressen, Schweden
Tagesanzeiger, Schweiz Milliyet, Türke The National, Vereinigte Arabische Emirate
The Herald, UK The Scotsman, UK The Guardian, UK
The Independent, UK The Times, UK New York Times, USA
Washington Post, USA Wallstreet Journal, USA USA Today, USA

YouTube:

Mehr als acht Millionen waren zeitweise zugleich am YouTube-Livestream dabei. Der bisherige Rekord für einen einzelnen Stream von „mehr zwei Millionen“ gleichzeitigen Zusehern während der königlichen Hochzeit von Prinz William und Catherine Middleton im Jahr 2011 wurde geradezu zertrümmert.

Die 90-Sekunden Zusammenfassung wird wohl schon am Tag nach der Veröffentlichung die Millionen-Marke an Views knacken:

Dazu kamen noch einige weitere Livestreams. Alleine auf ServusTV.com durfte man gestern 720.000 Besucher zählen, die für drei Millionen Seitenaufrufe sorgten.

Facebook:

Das von einem RedBull-Fotografen geschossene Foto unmittelbar nach Baumgartners Landung bekam auf den beiden Facebook-Seiten des Unternehmens (Red Bull und Red Bull Stratos) binnen zwölf Stunden 944.348 „Likes“, erhielt 34.349 Kommentare und wurde 112,942 Mal geteilt.

Auch sonst wurde geteilt und diskutiert, als gäbe es nichts anderes. Bei keinem anderen Ereignis gingen in der Welt von Social Media die Wogen derart hoch.

Twitter:

Die Gratulation der NASA wurde 14.398 Mal retweetet und 2305 Mal favorisiert. Die Erfolgsmeldung von @RedBullStratos wurde bei einem Zwölftel der Follower-Zahl (240.527 vs. 3.033.956 bei der NASA) 8660 Mal retweetet.

Dass es der Hashtag #stratos in die Trending Topics schaffte, war von Anfang an klar.

Fernsehen:

Der Sprung fand in Europa zur Primetime statt, in den USA am Sonntagnachmittag – also auch zu einer sehr guten TV-Zeit. Es würde mich nicht wundern, wenn dies ein Allzeit-Rekord für ein singuläres Ereignis wäre – und das bei einem vergleichsweise sehr langem TV-Event. Servus TV verbuchte mit bis zu 910.000 Zusehern eine Rekordquote.

Auch der ORF war – nach Dienstag zum zweiten Mal mit einer rekordverdächtig langen Sondersendung – on air und verzeichnete mit 2,28 Millionen Zuseher ebenfalls rekordverdächtige Zahlen. Zum Vergleich: Die bisher meist gesehene Sendung im Österreichischen Rundfunk („Zeit im Bild 1“ zur Nationalratswahl am 24. November 2002) brachte es auf 2,6 Millionen Zuschauer. In Summe brachte dies um 20 Uhr einen Marktanteil von 80 Prozent.

In Deutschland übertrug n-tv das Ereignis live. In Schnitt waren 2,24 Millionen Zuschauer dabei, beim Rekordwert von sieben Millionen Bundesdeutschen wurde während des Sprunges erreicht.

40 TV-Netzwerke mit 130 Sendern in 50 Ländern übernahmen den Live-Feed von Stratos. Die (möglicherweise) Milliarden Menschen, die das Spektakel live verfolgten, sind noch längst nicht alles. Jetzt folgen erst die Dokumentationen – unter anderem von National Geographic und der BBC. Das Material von 15 Kameras alleine in der Kapsel wird für weitere spektakuläre und „noch nie zuvor gezeigte“ Bilder sorgen.