Was wurde aus … StudiVZ, MySpace & Co.?

Nutzerschwund beim VZ-Netzwerk

Die oben abgebildete Grafik dürfte wohl einige ziemlich deprimieren: Die VZ-Netzwerke (StudiVZ, SchülerVZ, MeinVZ) haben schwer unter der gewaltigen Dominanz von Facebook zu kämpfen – das ist nichts Neues. Neu sind die Zahlen, die ich gestern bei der ÖWA entdeckt habe. Seit April 2010 ist das soziale Netzwerk Mitglied bei der Österreichischen Webanalyse, weshalb es nun auch zuverlässliches Zahlenmaterial über das soziale Netzwerk gibt.

Auch wenn sich die Kurve zuletzt abflachte, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis man auf StudiVZ nicht mehr gruscheln kann. Interessant ist der überproportionale Anteil an VZ-Nutzern in Österreich zu Beginn der Messung sowie das starke Nachlassen desselben innerhalb des Messzeitraums.

Update: Der ÖWA kann man im Allgemeinen trauen. Weil die Zahlen arg sind, habe ich dennoch bei der VZ-Gruppe um Bestätigung und Stellungnahme gebeten. Die Antwort wird hier ergänzt.

Diese Zahlen sind international – die ÖWA weißt Seitenaufrufe (PI) jedoch auch für Österreich separat aus. Ist die Verteilung von Seitenaufrufen und -besuchen (PI bzw. VI) in Österreich ähnlich mit jener des Gesamtnetzwerks, dürften die VZ-Netzwerke hierzulande nur noch rund 13.000 Mitglieder bzw. Uniqe Clients (UC) haben.

Zum Vergleich: Laut Facebook gibt es in Österreich aktuell 2.705.860 Mitglieder, in Deutschland sind es 22.601.200 und in der Schweiz 2.751.080.

Nutzerschwund bei MySpace in Österreich

Unter der Last von Facebook leidet auch MySpace in Österreich. Nicht nur dass die Zahl der Nutzer zurück geht. Sie kommen auch seltener und rufen dabei immer weniger Seiten auf.

Nutzer von Xing in Österreich

Seit Oktober 2011 ist auch das Business-Netzwerk Xing.com Mitglied der ÖWA, allerdings gibt es erst seit Dezember 2011 eine Freigabe für die Veröffentlichung. Die beiden Datensätze sind daher hinsichtlich eines möglichen Wachstums oder eine Schrumpfung nur sehr wenig aussagekräftig.

Gar keine Zahlen gibt es hingegen zu Google+.

An meine Abgeordnete!

Allzu oft geben wir unsere Stimme ab und tun vier oder fünf Jahre gar nichts. Wieso eigentlich schreiben wir nicht öfters unseren Abgeordneten? Fast scheint es so, als würden bei diesen lediglich Lobbyisten milliardenschwerer Konzerne ein- und ausgehen. Wieso werden wir kleinen Bürger nicht selbst einmal zu Lobbyisten?

Hier mein Brief an Kärntens EU-Parlamentarierin, indem ich ihr Argumente gegen das Acta-Abkommen und für ein freies Internet übermittle. Die endgültige Abstimmung im EU-Parlament erfolgt erst im Mai oder Juni. Ein ablehnendes Votum würde das Handelsabkommen wohl noch kippen – und dafür gibt es gute Gründe.

Wer ebenso „seinem“ Abgeordneten schreiben will, findet hier übrigens eine Liste mitsamt Kontaktinformationen.

Sehr geehrte Frau Elisabeth Köstinger!
Sehr geehrte Frau Abgeordnete zum Europäischen Parlament!

Ich erlaube mir, diesen offenen Brief an Sie zu schreiben, um meine Ablehnung zum Acta-Abkommen (Anti-Counterfeit Trade Agreement) auszudrücken. Ich möchte damit in gewisser Weise auch Lobbying betreiben und Ihnen gute Gründe dafür nennen, warum man Acta einfach ablehnen muss.

Ich meine, dass nicht nur Lobbyisten großer (US-)Konzerne an Abgeordnete wie Sie herantreten, sondern auch besorgte Bürger (von denen Sie nicht zuletzt wiedergewählt werden wollen) Wort ergreifen sollen.

Acta ist ein zu tiefst undemokratisch zustande gekommenes Handelsabkommen, das (für Handelsabkommen eigentlich untypisch) zudem in strikter Geheimhaltung ausverhandelt wurde und dessen Inhalt in seiner vollen Tragweite noch niemandem wirklich zugänglich ist. Acta enthält viele vage oder (bewusst) schwammige Formulierungen, deren Sinn sich nur dem erschließt, der die dazugehörigen Verhandlungsprotokolle einsehen darf. Haben Sie diese sehen und studieren dürfen? Wenn nicht, möchte ich Sie bitten, dies vor der Abstimmung im Europäischen Parlament noch zu tun. Geben Sie Ihre Zustimmung nur, wenn Sie mit ruhigem Gewissen behaupten können, damit Europa und seinen Bürgern einen guten Dienst zu tun. Lehnen Sie Acta ab, wenn Sie meinen, lediglich Mickey Mouse und Hollywood zu einem Extra-Körberlgeld zu verhelfen!

Man muss an dieser Stelle dem kanadischen Rechtsprofessor Michael Geist danken, dass durch ihn das Abkommen öffentlich und das Europäische Parlament hellhörig wurde. Erst durch die Veröffentlichung eines Geist zugespielten Verhandlungsstands gab es eine globale Diskussion darüber. Auch wenn im Letztstand einige wenige Grauslichkeiten nicht mehr enthalten sind, ist das Dokument dennoch abzulehnen. Hier meine wichtigsten Kritikpunkte daran:

  • Umgehung demokratisch legitimierter Gremien:
    Nach wie vor wissen wir nicht, wie, in welchem Wortlaut und mit welchen Maßnahmen diese Materie zum Teil europäischen Rechtsbestands wird. Wissen Sie das? Sind hierzu nicht auch Erläuterungen und Protokolle nötig? Kennen Sie diese?
    Warum Acta im Geheimen (und nicht im Rahmen der dafür zuständigen WIPO, World Intellectual Property Organization) verhandelt werden musste, ist für viele Beobachter klar: Öffentlich ging es wohl nicht. Die von Rechteinhabern geforderten Maßnahmen zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche sind drastisch und verletzen Grundrechte wie jene auf Privatsphäre oder Meinungsfreiheit.
    Europa muss man zu Gute halten, dass hier zumindest ein demokratisch legitimiertes Gremium, nämlich Ihres, darüber abstimmen lässt. Hier gibt es womöglich noch Hoffnung, einzelne Abgeordnete vom blanken Irrsinn dieses Abkommens zu überzeugen. In den USA wird Präsident Barack Obama – trotz Widerstände aus dem Senat – Acta einzig mit seiner Unterschrift durchpeitschen.
  • Umfangreiche Überwachung:
    Acta sieht beispielsweise zur Überwachung von Urheberrechtsverstößen eine Förderung von Vertragsabschlüssen zwischen privaten Partnern vor. Hier sieht man deutlich, wie vage Acta ist. Was heißt das? Dies könnte bedeuten, dass sich Rechteinhaber mit Internetprovidern einigen (müssen), um Verstöße gegen das Urheberrecht erkennen und ahnden zu können. Was außer einer totalen Überwachung bedeutet dies? Wie soll ein Internetprovider erfahren, ob ein Nutzer einen illegalen Film aus dem Netz lädt, außer dass dieser den kompletten Internetverkehr all seiner Kunden überwacht? „Deep Packet Inspection“ nennt man dies im Fachjargon. Das Verfahren wird bereits in totalitären Regimen „erfolgreich“ gegen Andersdenkende eingesetzt. Kann es im Sinne Europas sein, unter dem Deckmantel von Urheberrechten die Errichtung einer globalen Überwachungs-Infrastruktur zu legitimieren oder gar zu fördern?
    Dass die EU-Kommission mangelnde Privatsphäre von Facebook-Nutzern beklagt, klingt da wie blanker Hohn.
  • Massen-Kriminalisierung und ihre Folgen:
    Solch drakonische Überwachungsmaßnahmen sollte es nach geltenden Rechtsgrundsätzen nur beim Verdacht auf schwere Verbrechen geben. Ist das Herunterladen eines Films für Sie so ein schweres Verbrechen? Jetzt vermutlich noch nicht, denn Acta sieht (bzw. sah in der letzten von mir angesehenen Fassung) vor, dass es Strafverschärfungen für Online-Piraterie geben sollte.
    Als Vorgriff auf Acta wurden in einigen Ländern so genannte „Three-Strikes-And-Out-Regelungen“ per Gesetz verankert (und soweit angefochten von Höchstgerichten wieder aufgehoben). Solche Gesetze sehen vor, dass Raubkopierern der Internetzugang für Jahre entzogen wird. Abgesehen davon, dass es im Wiederholungsfall auch andere Strafen gäbe – wie soll heute jemand ohne Internet leben und arbeiten können?

An Acta gäbe es noch weit mehr zu kritisieren und das Abkommen hat möglicherweise auch gute Seiten (etwa beim Vorgehen gegen Arzneimittel-Fälschungen – nicht bei Generika!). Ich muss zugeben, dass mein Wissen darüber nicht umfassend ist/sein kann. Ich würde mich freuen, wenn Sie diesbezüglich das Gespräch mit Ihrem Kollegen Christian Engström (MEP der schwedischen Piratenpartei) suchen würden, der Acta mit einer Reihe guter Argumente sehr ablehnend gegenüber steht. Wenn Ihnen die Ansichten der Piratenpartei in diesem Thema zu fremd sind, sprechen Sie vielleicht mit Organisationen wie Reporter ohne Grenzen, die sich weltweit für Presse- und Meinungsfreiheit einsetzen. Auch dort werden Sie wenig Gutes über und viel Besorgnis ob Acta erfahren.

Eine Woche bevor Acta von 22 Gesandten europäischer Staaten unterzeichnet wurde, gelang mit der Operation gegen Megaupload ein großer Schlag gegen das organisierte Raubkopieren. Dies beweist, dass bereits geltende Gesetze ausreichen, um dem Problem Herr zu werden. Der Fall zeigt auch ganz klar, dass die grenzüberschreitende Strafverfolgung (Neuseeland, USA, Hongkong) hinweg möglich ist. Wozu also weitere Einschnitte in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger sowie weitere Einschränkungen der Freiheit im Netz? Haben wir davon seit 9/11 nicht bereits genug?

Dass diese meist nur wenig wirksam sind, möchte ich Ihnen anhand der Vorratsdatenspeicherung kurz demonstrieren. Die Speicherung von Verbindungsdaten (Wer ruft wen und wo an? Wer schickt wem ein E-Mail? etc.) wurde geschaffen, um Terroranschläge verhindern zu können. Während davon jeder Normalbürger betroffen ist, finden jene, die dies wollen, immer einen Weg herum. Es ist das Wesen des Internets, dass man auch in der EU einen Mail-Server in Somalia nutzen kann. Wer noch dazu ein (ausländisches) Prepaid-Handy im Roaming hierzulande benutzt, kann terroristische Umtrieben aller Art nachgehen, ohne dass die Vorratsdatenspeicherung jemals helfen könnte.

Ein Plädoyer für ein freies Internet

Alle Bürgerinnen und Bürger Europas werden früher oder später massiv von Acta und möglichen Folgemaßnahmen betroffen sein. Leider sind es wieder nur wenige, die sich dagegen äußern und für ein offenes und freies Internet Partei ergreifen. Sagen wir es wie’s ist: Die meisten erwarten sich vom Internet bloß, dass Facebook und Amazon funktionieren. Viele verstehen nicht, welches enorme Potenzial für gerecht verteilten Wohlstand oder mehr Bildung in offenen Netzen steckt.

Ich hoffe, Sie erkennen die gewaltigen Chancen, die erst zu einem kleinen Teil ausgeschöpft sind. Das Internet ist eben nicht nur ein Ort, wo illegale Machenschaften stattfinden und Filme getauscht werden. Das Internet ist der Ort, wo Zukunft gemacht wird. Auch unsere Kinder und Kindeskinder sollen Unternehmen gründen, gleiche Chancen wie Google oder Facebook vorfinden und große Ideen in die Tat umsetzen können.

Offene Netze fördern

Die Europäische Union förderte seit Jahrzehnten den Ausbau von Verkehrsinfrastruktur zwischen ihren Mitgliedsländern (Transeuropäische Netze – TEN). Wo es Wege für Menschen und Güter gibt, findet zwangsläufig mehr Völkerverständigung statt. Dort wird Wohlstand geschaffen und gefestigt. Die EU hat eine lange Tradition darin, Grenzen abzureißen. Warum soll nun eine Überwachtungs-Infrastruktur in Position gebracht werden, die ein zentrales Netz der Zukunft der Zensur unterwerfen könnte? Autobahnen werden auch nicht überwacht, weil Räuber sie zum Transport ihrer Beute nutzen (könnten).

Es gibt zwar kleinere Programme, aber im Moment vermisse ich groß angelegte Initiativen, um das Potenzial offener Netze (im Sinne des Internets) für Europas Bürger zu heben. Ein perfektes Beispiel dafür ist für mich eine Regelung im Bereich des Mobilfunks aus dem Jahr 1998. Die „3G Patent Platform Partnership“ ging nicht nur auf eine EU-Richtlinie zurück, sondern sorgte (bis zum iPhone 2007) für die Vormachtstellung Europas im Mobilfunk. Patente für die dritte Mobilfunkgeneration (UMTS) müssten, so die simple Vorgabe, von ihren Inhabern zu fairen und vernünftigen Bedingungen sowie nicht diskriminierend auch an Wettbewerber lizenziert werden.

So einfach kann eine Regelung sein, die Europas Bürgern und der Wirtschaft enorm geholfen hat. Anstatt alle Energie in mehr Überwachung zu stecken, sollte man über ähnliche Maßnahmen beraten, die in die Zukunft weisen.

Maßnahmen gegen Urheberrechtsverstöße

Eine Idee gegen die Piraterie hätte ich auch: eine Vereinheitlichung der Rechteverwertungs-Gesellschaften. Ja, ich halte Urheberrechte für wichtig, schließlich verdiene ich mein Geld mit Inhalten, die abgedruckt oder elektronisch publiziert werden. Und nein: Es ist nicht hinzunehmen, dass die Rechte von Kreativen, Musikern, Schauspielern oder Autoren völlig ignoriert werden.

Kennen Sie Spotify? Der schwedische Musikdienst ist mittlerweile ein globaler Erfolg, weil er Konsumenten günstig ein sehr attraktives Angebot macht: Für 4,99 Euro pro Monat kann man so viel Musik hören, wie man will. Für 9,99 Euro kann man seine Lieblingssongs auch unterwegs am Handy oder iPod genießen. Selbst der Dachverband der Musiklabels, die IFPI (International Federation of the Phonographic Industry), erkannte, dass man durch solche Angebote die Piraterie effektiv eindämmen kann. Derzeit ist Spotify wegen der komplizierten Rechtslage nur in einigen wenigen EU-Ländern nutzbar.

Das Problem dabei: Unternehmen, die Dienste wie Spotify in Europa anbieten wollen, werden unglaubliche Schranken in den Weg gestellt. In 27 Ländern gibt es jeweils 27 Verwertungsgesellschaften für alle denkbaren Medienformen (Film, Text, Musik etc.). Wer diesen Wildwuchs beseitigt sowie für faire und einheitliche Lizenzierung von Inhalten sorgt, trägt mehr zur Lösung des Piraterieproblems bei als mit der Zustimmung zu Acta! Sehr viele Konsumenten sind bereit, für Inhalte zu bezahlen – man muss sie nur lassen.

Open Government

Einen weiteren Impuls für Wirtschaft und Demokratie könnte die umfassende Einführung von Informationsfreiheitsgesetzen bedeuten. In einigen Ländern Europas werden öffentliche Daten (unter Wahrung von Persönlichkeitsrechten einzelner) zur Verwendung aller bereitgestellt. So entstanden etwa im Vereinigten Königreich Tausende Anwendungen, die dem Bürger Auskunft über Orte hoher Unfallhäufigkeit geben oder das Abstimmungsverhalten seiner Abgeordneten transparent machen. Die Wertschöpfung (nicht nur für die lokale IT-Industrie) aus diesen Daten wird alleine in Großbritannien auf über sieben Milliarden Euro geschätzt.

Und wie schaut es in Österreich aus? Neben mir liegen mehrere KWF-Förderberichte der Jahre 2003 bis 2009. Sie wurden mir zugespielt und enthalten in Summe fast 400 Millionen Euro, die alleine in Kärnten an Wirtschaftsförderung ausbezahlt wurden. Warum ich sie nicht veröffentliche? Weil dies eigentlich das bestgehütete Geheimnis des Landes ist und ich Klagen fürchte. Meine letzte Zeit in Kärnten will ich nicht vor Gericht verbringen. In der Steiermark sind übrigens alle Wirtschaftsförderungen auf den Cent genau abrufbar.

Wie kann man auf der einen Seite dem Bürger immer mehr Überwachung auferlegen und auf der anderen Seite ihm nicht einmal sagen, wohin sein Steuergeld fließt? Eine andere Frage wäre weit besser: Wie kann ich das Internet nutzen, um Bürgern mehr Transparenz zu bieten? Darf man so etwas von Österreichs Politikern (auch Ihnen) in Zukunft vermehrt erwarten?

Zum Schluss

Es gäbe noch zahlreiche andere Dinge – von der Netzneutralität bis hin zum grundsätzlichen Infragestellen des Urheberrechts im digitalen Zeitalter -, die man in diesem Zusammenhang ansprechen müsste. Alleine fehlt mir im Moment die Zeit dafür. Ich hoffe dennoch, dass zumindest die Kritik an Acta auf fruchtbaren Boden fiel.

Lassen Sie es mich zu gegebener Zeit wissen, wie Sie abstimmen werden.

Beste Grüße
Georg Holzer