Mobilfunk: Hauptsache billig und perfekt!
Der große Glanz des Mobilfunks ist längst matt geworden. Telefonie und mobiles Internet wurden zum Commodity – vergleichbar mit einer Wasserleitung. Entweder sie funktioniert, oder sie funktioniert nicht. Wasser ist Wasser und Bits sind Bits. Mal kommt das eine mit höherem Druck aus der Leitung, mal das andere in geringerer Bandbreite über den Äther. Bits haben genauso keine Farbe wie der Strom kein Mascherl hat.
Daraus kann man schließen: Wer nicht gebunden ist, für den sind Mobilfunkbetreiber beliebig austauschbar.
Markenvorteile schwinden
Jahrelang galt in Österreich: A1 hat das beste Netz. Der heurige Test des deutschen Magazins Connect sieht jedoch den kleineren Betreiber 3 an der Spitze. Das Premium, das der „Innovationsführer“ bislang verlangen konnte, sollte somit dahin sein.
Vertragsfesseln für Kunden in alten und teuren Verträgen sind eine beliebte Methode, mehr aus ihnen rauszuholen. Ich staunte vor zwei Wochen nicht schlecht, als man in einem Handyshop erklärte:
„Wenn Sie eine Datenoption zum bestehenden Vertrag haben wollen, kostet das 10 Euro pro Monat für ein Gigabyte. Zusätzlich verpflichten Sie sich für 24 weitere Monate.“
Ein erstauntes „Wie bitte?“ wurde mit Achselzucken erwidert. Die betroffene Freundin wechselt nun den Anbieter. „Bonusprogramme“, die ihren Namen eigentlich nicht verdienen, und der Wucher beim Datenroaming tun ihr übriges, dass sich Kunden immer mehr vom einigen Mobilfunkern angewidert fühlen.
Billigst-Angebote ohne Bindung
Dazu kommt die aktuelle Preisschlacht am österreichischen Handymarkt, die seltsame Blüten treibt. Sie belohnt Kunden, sich nicht zu binden und das Handy selbst mitzubringen. Den jüngsten Tiefpunkt markierte Orange im Weihnachtsgeschäft, jetzt folgte 3.
Orange All in 15 SIM only |
3 SuperSIM Comfort |
|
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Freiminuten | 1.000 | 1.000 |
SMS | 1.000 | 1.000 |
Datenvolumen | 1 GB | 1 GB |
Danach | Drosselung auf 64k | Drosselung auf 64k |
Taktung | 60/60 | 60/60 |
Servicepauschale | 19,90 Euro/Jahr | – |
Anmeldung/Sim | 49,90 Euro | 10,00 Euro |
Info | www.orange.at | www.drei.at |
Preis | 7,50 Euro/Monat | 7,00 Euro/Monat |
Bei anderen Betreibern kommt man mitsamt bescheidener Handystützung auf 25 Euro pro Monat.
Wer also in Maßen telefoniert, auf teure MMS verzichtet, keine Mehrwertnummern anruft und nicht ins Ausland fährt, bezahlt nur sieben Euro im Monat. Dazu gibt es – anders als bei Diskontern wie Bob oder Yesss! – Kundendienst mit kostenloser Hotline. Das 3-Angebot lässt sogar meinen bisherigen BigBob alt aussehen: minus 45 Prozent oder ganze 70 Euro weniger im Jahr.
Wie kommt es überhaupt zu einem solchen Preis-Dumping?
Mobilfunker sind in hohem Maße Skaleneffekten ausgesetzt. Das sorgt für eine relativ simple Rechnung: Die „Produktion“ von 1000 Telefonminuten oder einem GB verursacht nur sehr geringe variable Kosten. Der Rest sind Fixkosten. Je größer ein Betreiber ist, umso besser geht es sich aus. 3 und Orange wollen offenbar sehr schnell wachsen.
Die Nummer wird egal
Für die erwähnte Austauschbarkeit sorgt auch, dass die Telefonnummer längst nicht mehr wichtig ist. Heutzutage wird sie ohnehin in aller Regel aus dem Kontaktverzeichnis gewählt, wo man sie gar nicht mehr zu Gesicht bekommt.
Zudem kann sie binnen Stunden von Betreiber A nach B mitgenommen werden. Wenn eine SMS-Nachricht an die Personen im Kontaktverzeichnis nicht reicht, dann erledigt das der Datenabgleich mit Facebook. Und zu guter Letzt aktiviert man bei der letzten Simkarte noch eine Rufweiterleitung für die restliche Vertragslaufzeit. Fertig!
Qualitätsmessung durch Crowdsourcing
Die Gesprächsqualität liegt heute weit mehr am Handy als am Netz und da lässt sich ohnehin kaum meckern. Wichtiger erscheint mir daher die Differenzierung hinsichtlich des Datenverkehrs.
Weil 3 schon wegen des Roam Like Home (Gratis-Roaming in Italien, Großbritannien, Irland, Schweden, Dänemark, Australien oder Hongkong) sympatisch ist und ein ganz passables Netz zu haben scheint, habe ich eine 3-Simkarte angeschafft. Der erste Speedtest war (im Vergleich zu meinem Festnetz-DSL) ganz passabel. Durchgeführt wurde er nacheinander mit der App am gleichen Handy – einem iPhone 4S.
Netz | Zeitpunkt | Standort | Betreiber | Ping in ms | Download | Upload |
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bob | 21.01. 14:22 | Ljubljana | Si.mobil | 49 | 5141 | 2527 |
3 | 21.01. 14:10 | Ljubljana | Si.mobil | 99 | 4842 | 3083 |
bob | 21.01. 14:21 | Graz | EDIS * | 49 | 5769 | 3429 |
3 | 21.01. 14:08 | Graz | EDIS * | 97 | 4931 | 2239 |
bob | 21.01. 14:19 | Wien | 3 | 49 | 5649 | 2063 |
3 | 21.01. 14:12 | Wien | 3 | 109 | 4842 | 3077 |
* Tests wurden nicht korrekt beendet.
In meiner Wohnung hat also die Mobilkom mit bob klar die Nase vorne. Weil die Qualität von Mobilfunknetzen nach Standort und Uhrzeit stark variiert kann, lassen solche Test keine echten Schlüsse zu. Außerdem ist mir mobiles Internet zu Hause relativ egal, weil ich ohnehin ständig im Wlan hänge. Wie’s anderswo ist, werden die nächsten Wochen zeigen. Noch bin ich nicht fix gewechselt.
Weil selbst noch so genaue Tests immer eine Momentaufnahme sind, stellen kontinuierliche Tests wie jene der vielen Speedtest.net-Nutzer eine wertvolle Datenbasis dar. Wären sie öffentlich, könnten sie den objektivsten Aufschluss über die Qualität aller Mobilfunknetze geben.
Anmerkung: Ich finde es schade, dass Österreichs IT-Medien den Test der heimischen Mobilfunknetze ganz einem deutschen Magazin überlassen. Vielleicht sind solche Tests in Zukunft aber ohnehin nicht mehr nötig und eine kontinuierliche und noch objektivere Beobachtung möglich.
Man darf sich daher wünschen, dass OpenSignalsMap an Bedeutung gewinnt.
Damit werden Netze in Echtzeit von Nutzern getestet und die Ergebnisse anonymisiert online gestellt. Derzeit gibt es dazu lediglich eine Android-App, aber die Idee ist vielversprechend.
Update: Vielversprechend ist auch das Projekt openBmap.org – „a free and open map of wireless communicating objects“.