Milchmädchenrechnung

Mit ihrer Praxis der Handystützung und überlangen (womöglich sittenwidrigen) Vertragslaufzeiten schaden sich Mobilfunker nachhaltig! Wie und warum, soll folgendes Beispiel zeigen:

Nehmen wir an, ein Mobilfunker subventioniert ein Tablet zum Preis von 599 Euro. Mit Vertrag würde es dann nur 299 Euro kosten. Dafür muss der Kunde einen Datenvertrag über 10 GB zu 25 Euro im Monat mit einer Vertragsbindung von 36 Monaten abschließen.

Habe heute gehört, dass so ein Vertrag bei einem Mobilfunker tatsächlich kommen soll oder zumindest in Erwägung gezogen wird.

Ergibt folgende Rechnung der Gesamtkosten:
299 + 36 x 25 = 1199 Euro

Ohne Stützung, ohne Bindung, dafür mit absolut tablet-tauglichen 1GB bei einem Diskonter:
599 + 36 x 4 = 743 Euro

Ersparnis: 456 Euro. Da geht sich fast schon ein iPad dazu aus!

Klar, gibt es in diesem Beispiel nur 1 GB im Monat, das sollte allerdings bei weitem ausreichen. Am iPhone brauche ich nur rund 300 MB. Auch bei Konsum von YouTube-Videos und dergleichen, ist das ausreichend, wenn man zu Hause, im Café oder im Büro Wlan hat. Im Zweifel: 2 GB kosten bei 3 nur 6 Euro und dafür gibt’s in einigen Ländern keine Roamingkosten!

Hier beispielhaft alle (bislang bekannten) Tablet- und iPad-Tarife:

Warum aber schaden sich die Netzbetreiber damit?

  • Sie verschleiern (bewusst oder unbewusst) die kompletten Kosten und bekommen dadurch – meiner Meinung nach – ein schmieriges Image.
  • Kaum wer hat ein Netbook oder iPad für 36 Monate und wird dennoch durch ständige Zahlungen negativ an seinen Vertragsabschluss erinnert. Dass der Netzbetreiber so nicht gut in Erinnerung bleibt, ist logisch.
  • Kunden kann man nicht einsperren. Entweder sind sie freiwillig bei einem oder eben nicht.
  • Mobilfunker sind Dienstleister, keine Hardwareverkäufer mit angebundenem Kundengefängnis!
  • Aktuell beklagen die Mobilfunker ständig, wie teuer die Subventionen wären. Dass sie so das Image eines Jammerers bekommen, sehen sie offenbar nicht.
  • Wenn die Mobilfunker nicht mehr oder weniger subventionieren wollen, bräuchten sie einfach nur die oben vorgezeigte Rechnung mit ihren Kunden durchrechnen. Ich weiß, was die wählen würden!
  • Das umständliche Herumrechnen mit Treueprogrammen wie Mobilpoints, Flamingos oder Bonustufen wäre dann auch passé. In Wirklichkeit dienen die ohnehin nur der Intransparenz und der weiteren Bindung von Kunden.

Die meisten Kunden sind nur leider zu unmündig, um die obige, sehr einfache, Rechnung anzustellen. Wäre das anders, hätten wir eine weit bessere Qualität am Markt. Dann stünde bei den meisten die Zuverlässigkeit des Netzes im Vordergrund und nicht nur die „Null-Euro-Angebote“, die man gerade auf Zeitungsinseraten sieht.

Gerade das iPad zeigt vor, wie es gehen kann: Man kauft ein Gerät ohne Subvention und kauft sich die Dienstleistung dazu – ohne Bindung und ohne Fallstricke. Wenn die Dienstleistung nicht mehr passt, geht man zu einem anderen Betreiber.

13 Kommentare
  1. Gernot
    Gernot sagte:

    Leider tickt der Österreicher da vollkommen anders. Soweit ich mich erinnern kann haben ONE und Drei beim Launch versucht, Dein Preismodell (also Handy ohne Stützung) zu etablierern, haben dann aber nach wenigen Wochen wieder umstellen müssen, da die Kunden weggeblieben sind.
    Der Markt regelt alles, wie üblich. 😉

  2. Thomas Thaler
    Thomas Thaler sagte:

    Servus Georg,

    nichts gegen Milchmädchenrechnungen, die mag ich besonders. Nur hab ich einige Zeit bei einem Mobilfunkbetreiber gearbeitet (mein CV verrät dir sogar bei welchem) – aus der Sicht des Netzbetreibers sind die Bundles ganz klar und logisch:

    1) Maximierung des Deckungsbeitrages für den Betreiber (na logo)
    2) Gute Werbemöglichkeiten ála „Bei uns gibt es das iPad um NUR 100 EUR!!!“
    3) Kunden kann man sehr wohl „einsperren“ sprich mittels Vertrag binden
    4) Finanzierung ist bei Konsumenten immer ein Thema. Rechne dir mal per Milchmädchenrechnung den realen Zinssatz bei einer TV-Ratenzahlung in einem Elektromarkt deiner Wahl aus – du wirst jenseits der 15%pa landen.

  3. Juergen Hoebarth
    Juergen Hoebarth sagte:

    Problem ist die muessen natuerlich auch ihre Shareholder und Investoren befriedigen, und ihnen gute Zahlen liefern. Mobilfunkanbieter sind halt Raubritter des 21 Jahrhunderts und denke einfach mal daran glaubst du wirklich das die bei A1 den vollen Preis zahlen muessen den du als Endkunde zahlst… Bundeling is a nice business um dir ihren a… Vertrag unterzujubeln…

  4. Dan
    Dan sagte:

    Ich kann schon einsehen, dass es für Kunden sinnvoll scheint, ein neues Handy mittels des Vertrags quasi auf Raten zu kaufen–die monatlichen Raten sind offenbar leichter zu verschmerzen.

    Mich ärgert, dass die Mobilfunkanbieter für die Zeit nach dem Ablauf der Mindestvertragsdauer keine ordentlichen Angebote haben, dafür aber Millionen für die Werbung von Neukunden ausgeben, die dann nach zwei Jahren zu einem anderen Anbieter wechseln, weil die Angebote für Neukunden meistens günstiger sind als jene für Bestandskunden.

  5. tomtesch
    tomtesch sagte:

    Die Rechnung mit 36 Monatsbindung ist eine Verzerrung der Realität, weil netoobs mit Stützung maximal 24 Monatsbindung haben. Kunden haben ja die Wahl. Es ist nicht so, als ob es Netbooks nur mit Mobilfunkvertrag gibt. Wenn wir uns zurück erinnern: Als ich jung war hiess es immer: Telefonier nur nach 19h und bitte halt dich kurz! Damals gab es noch Monopol Wahnsinnsgebühren. Seitdem hat sich vieles zum Besseren gewandelt. Wenn man vor 20 Jahren über 1.000 Minuten monatlich vertelefoniert hätte, konnte man gleich seinen Lohn verpfänden. Ich schlage vor, als über der Grenze bei unseren EU Nachbarn die Mobilefunk Tarife zu checken. Bei T-Mobile in Dtl kriegt man selbst wenn man kein Handy möchte keinen Handyvertrag ohne 2 Jahre Laufzeit. So sieht es aus. Ich verstehe ja, dass Mobilfunk zu den Grundbedürfnissen heutzutage gehört. Nur möchte ich auch anmerken, dass Autofahren, Strom und Heizen ebenso dazu gehören. Und es wäre mal an der Zeit, dort Beschwerde einzulegen. Aber das geht ja nicht: denn der Staat kassiert ja kräftig mit. Stichwort Mineralölsteuer… Ich verstehe manche Argumente, aber der Kunde hat Wahlmöglichkeiten und kann sich auch ein ungestütztes Handy mit SIM-only ohne Vertragsbindung besorgen.

  6. Georg Holzer
    Georg Holzer sagte:

    @Tom
    Stimmt, die Preisgestaltung in Ö ist sehr viel besser als bei den Nachbarn und ich habe durchaus auch Kritik an unmündigen Konsumenten gemacht (siehe oben). Aber die Sache mit den zu langen Bindefristen verstehe ich (für mich selbst) nicht.

  7. fatmike182
    fatmike182 sagte:

    Soweit ich mich an die Preisgestaltung beim iPhone erinnern kann, war es keine durchgehende Taktik, den Kunden 36 Monate lang zu binden. Also dezidierte Zielgruppe mit der kurzfristigsten Denke: will das derzeit geilste Handy haben, kanns mir aber nicht ganz leisten.

    Um der Entwicklung was positives zu zuschreiben: weniger Elektroschrott. Smartphones können ruhig 3 Jahre lang halten.

  8. Jürgen
    Jürgen sagte:

    „…bekommen dadurch ein schmieriges Image.“ – Das haben sie doch schon! Für mich stehen Handybetreiber auf der gleichen Imagestufe wie Politiker oder Gebrauchtwagenhändler: Glaub ihnen nichts und geh davon aus, dass sie dich betrügen! 😉

  9. Dan
    Dan sagte:

    Was mich interessieren würde: die meisten halbwegs aktuellen Handys sind sehr teuer, wenn man sie ohne Vertragsbindung anschafft. Die Netzbetreiber selbst kaufen die Handys vermutlich in großen Stückzahlen entsprechend günstiger. Der Verbraucher freut sich dann darüber, dass er das Handy, das er ohne Vertragsbindung um 680 Euro kaufen müsste um 200 Euro erhält (Beispiel N900/Hartlauer/A1). Angenommen, in Österreich würden alle Handys ohne Sim-Lock und vor allem nicht von den Netzbetreibern selbst verkauft. Dann könnten doch die großen Handelsketten entsprechend große Stückzahlen an Telefonen bei den Herstellern kaufen und würden sich gegenseitig im Preis unterbieten. Das Handy, das heute im Handel 680 Euro kostet würde dann für vielleicht 550 Euro über den Ladentisch gehen. Die Netzbetreiber könnten dann Angebote à la „200 Euro bar auf die Hand, wenn Sie Vertrag xy mit 2-Jahresbindung abschließen“ fahren, würden aber um den Profit, den sie mit dem Verkauf von Handys machen, umfallen.
    Frage: Ist der Gedankengang realistisch?

  10. Gernot
    Gernot sagte:

    @Dan
    – Die Netzbetreiber Einkaufs-Preise sind nicht so weit unter denen für den Elektrohandel bzw. Internet-Shops (siehe Geizhals).
    – Die meisten Kunden wollen ein Handy zum Vertrag haben (aus Gewohnheit oder warum auch immer).
    – Der Großteil der Kunden möchte nicht mehr als € 50,- für ein gestütztes Handy bezahlen. Von diesen Modellen wird die größte Menge verkauft, sodass ev. ein besserer Einkaufspreis verhandelt werden kann.
    – Bei Drei kann man „SIM only“ mit oder ohne Bindung wählen. Wenn man Bindung nimmt, bekommt man die erwähnte Gutschrift.

  11. Monika Meurer
    Monika Meurer sagte:

    Mein nächstes iPhone kommt aus Italien. Ich will mich nicht mehr binden. Es ist so nervig, dass man keine andere SIM zum Beispiel im Ausland nutzen kann, weil das Gerät gesperrt ist. Was für ein Blödsinn, wenn ich doch 24 Monate einen Fixbetrag zahle. Ist doch wurscht, ob ich die SIM dann einlege oder eine andere: Der Betrag wird ja eh fällig. Aber mir würde es eine deutliche Erleichterung bringen.
    Und das oben schon angeführte Argument, dass Neukunden immer die besseren Angebote bekommen, ärgert mich auch schon lange. Als „Stammkunde“ (24 Monate dürften diesen Begriff schon zulassen) hat man immer (!!!) das Nachsehen.

  12. Sobi
    Sobi sagte:

    Ich teile die Ansicht mit Tom, er hat absolut recht dass die Gebühren bis vor der Liberalisierung jenseits heutiger Vorstellungen liegen. Hätte damals jemand gesagt dass mit den aktuellen Preisen (in Österreich wohlgemerkt) noch Geld zu verdienen ist, man hätte die Person für verrückt erklärt.

    Ich finde zwar Deine „Milchmädchenrechnung“ wie Du sie nennst sehr gut, ähnliches hatte ich auf tarifagent.com schon zum iPhone gefunden (ist etwas länger her), allerdings verwehre ich mich gegen den Eindruck man würde die Kunden für 36 Monate in die Pflicht nehmen (ist mir zumindest nichts bekannt, lasse mich aber gerne aufklären). Wie Tom feststellt: Es gibt eine Wahlmöglichkeit! Auf der anderen Seite hatte ja Orange vor einem Jahr (oder ist das schon länger her?) das Angebot gemacht entweder Du zahlst die volle Grundgebühr und bist 12 Monate gebunden oder gehst eine 36 Monatsbindefrist ein und zahlst dafür nur die Hälfte. Es gab dann noch ne Möglichkeit mit 24 Monaten und dafür ein Abschlag von 25% auf die Grundgebühr. Der Kunde konnte hierbei wählen! Also ich finde diese Regelung super (möchte dazusagen dass ich Orange-Kunde bin, von diesem Angebot Gebrauch gemacht habe, allerdings NICHT für Orange tätig bin!!! Nur zur Klarstellung! g*).

    Aber es stimmt, mir wäre es bspw. lieber ich könnte ein Gerät bei Hartlauer & Co. kaufen und erhalte eine Stützung auf das Gerät. Nur was machen die Betreiber dann alle mit ihren Orange, A1, T-Mobile, Telering und Drei-Shops? 🙂

  13. wuchale
    wuchale sagte:

    full ack! Ich kann es einfach nicht verstehen, dass Kunden, die einen solchen Vertrag abschließen nicht selbst diese Milchmädchenrechnung anstellen. Ist ja wirklich nicht so schwer. Wer einen 2 Jahre dauernen Vertrag abließt sollte es zumindest können. Ich denke, der Mobilfunker richtet sich auch danach was ‚reingeht‘. Erst der Kunde machts möglich.

Kommentare sind deaktiviert.