Roaming: Dein Abgeordneter entscheidet

Abgesehen davon, dass wir (kleine Österreicher) von der globalen Finanz- und Bankenkrise ohne EU und Euro ganz anders aussehen würden, gibt es noch einen zweiten Grund, der Europäischen Union dankbar zu sein: Sie nimmt sich des leidigen Roaming-Problems an.

EU-Flag (cc) rockcohen

Letzte Woche beschlossen die Telekom-Minister der Union ein ziemlich umfangreiches Paket, das viele Erleichterungen für Handykunden mit sich bringt:

  • Höchstpreise für den Versand einer SMS-Nachricht im Ausland ab 1. Juli 2009 von 11 Cent (plus USt. macht das 13,2 Cent). Geklärt wurde auch noch, dass der SMS-Empfang auch im Ausland weiter kostenlos bleibt.
    Das bedeutet, dass es im Ausland oft sogar billiger ist, als im Inland, wo bei Überschreitung der Paketmengen meist 25 Cent verlangt wird.
    Der SMS-Großhandelspreis für die Betreiber untereinander wird bei vier Cent (exkl. USt.) gedeckelt.
  • Mehr Transparenz: Wenn man ins Ausland fährt, muss man mittels einer automatischen Nachricht über alle Roaming-Tarife im jeweiligen Netz aufgeklärt werden.
    Ab Sommer 2010 muss jeder Kunde im vornhinein angeben können, wie viel die Roaming-Rechnung höchstens betragen darf. Bei Erreichen des gewählten Limits wird das Handy deaktiviert. Eine Maßnahme, die nicht nur gegen Überraschungen sondern auch im Falle eines Diebstahls schützen soll.
  • Datenroaming: Hier wurde der Großhandelspreis mit einem Euro je Megabyte gedeckelt. Man darf gespannt sein, ob hier auch die Endkundenpreise fallen werden und ob es tatsächlich zu mehr Wettbewerb kommt. Die Betreiber sagen ja immer, dass eine Deckelung der Großhandelspreise genau dafür sorgt.
  • Sekundengenau: Die Abrechnung aktiver und passiver Roaming-Gespräche muss künftig in Sekundenschritten erfolgen. Das könnte Anrufe im EU-Ausland sogar billiger machen als im Inland. Für aktive Gespräche im Ausland darf der Anbieter immer zumindest 30 Sekunden für den Gesprächsaufbau verrechnen.

Was muss noch geschehen, damit das pünktlich zum 1. Juli 2009 umgesetzt werden kann?
Nach der Absegnung im Ministerrat, muss es noch durch das Europäische Parlament genehmigt werden. Die Beschlussfassung fällt voraussichtlich in der Plenarsession vom 12. bis 15. Jänner 2009.

Bereits vor zwei Jahren wurde eine Deckelung der Preise fürs Datenroaming beschlossen. Die Absenkung soll bis 2012 jedes Jahr fortgesetzt werden. Nicht so wie 2007 und 2008 gelten die günstigeren Preise ab kommendem Jahr schon vor der Urlaubs-Hochsaison (jeweils ab 1. Juli). Preise ohne inkl. 20 Prozent Umsatzsteuer:

roaming-calls

Mehr über die Roaming-Regulierung der EU-Kommission gibt es hier: ec.europa.eu/roaming.

Appell an die EU-Abgeordneten Österreichs:
Die Roaming-Lobby in ganz Europa will das allerdings nicht so weiter gehen lassen. Folgenden Absatz habe ich heute als Presseaussendung bekommen.

mobilkom austria hat die Roaming-Preise in den letzten Jahren dramatisch gesenkt, was auch von der EU-Kommission lobend erwähnt wurde. Österreich ist ein Tourismus-Land, in dem deutlich mehr Gäste aus EU-Ländern telefonieren als Österreicher im EU Ausland und ist daher von der Regulierung deutlich stärker betroffen als andere Länder. Alexander Zuser richtet deshalb einen Appell an alle heimischen EU-Parlamentarier: „Die heimische Branche hat eine Vorreiter-Rolle in Europa. Es muss unser gemeinsames Ziel sein, diesen Status beizubehalten und Regulierung nicht nur unter dem Aspekt kurzfristiger Senkungen von Einzel-Preisen zu verstehen, sondern als langfristige Maßnahme zur Absicherung eines gesunden Wettbewerbes.“ Mehr davon auf der ORF Futurezone.

Was die Mobilkom kann, können auch wir normale Bürger. Wir sollten an unsere Abgeordneten appellieren, sich von der Roaming-Lobby nicht beeindrucken zu lassen. Hier die Websites aller österreichischen Abgeordneten:

Abgeordneter Web E-Mail
Herbert Bösch (SPÖ) www.herbertboesch.at herbert.boesch@europarl.europa.eu
Wolfgang Bulfon (SPÖ) wolfgang.bulfon@europarl.europa.eu
Harald Ettl (SPÖ) www.harald-ettl.at harald.ettl@europarl.europa.eu
Othmar Karas (ÖVP) www.othmar-karas.at othmar.karas@europarl.europa.eu
Jörg Leichtfried (SPÖ) www.joerg-leichtfried.at joerg.leichtfried@europarl.europa.eu
Eva Lichtenberger (Grüne) eva.lichtenberger@gruene.at
Hans-Peter Martin (fraktionslos) www.hpmartin.net office@hpmartin.net
Andreas Mölzer (FPÖ) www.andreas-moelzer.at a.moelzer@aon.at
Hubert Pirker (ÖVP) www.hubert-pirker.at hubert.pirker@europarl.europa.eu
Christa Prets (SPÖ) christa.prets@europarl.europa.eu
Reinhard Rack (ÖVP) reinhard.rack@europarl.europa.eu
Karin Resetarits (Liberale) www.karinresetarits.at karin.resetarits@europarl.europa.eu
Paul Rübig (ÖVP) www.ruebig.at paul.ruebig@europarl.europa.eu
Karin Scheele (SPÖ) www.karinscheele.at karin.scheele@europarl.europa.eu
Agnes Schierhuber (ÖVP) www.agnes-schierhuber.at agnes.schierhuber@europarl.europa.eu
Richard Seeber (ÖVP) www.richard-seeber.at richard.seeber@europarl.europa.eu
Hannes Swoboda (SPÖ) www.hannes-swoboda.at hannes.swoboda@spoe.at
Johannes Voggenhuber (Grüne) johannes.voggenhuber@gruene.at

Die deutschen Abgeordneten finden sich übrigens hier: http://www.europarl.de/parlament/abgeordnete/auswahl_bundesland.jsp

8 Kommentare
  1. Mathias
    Mathias sagte:

    Diese EU-Entscheidung ist eine Entscheidung gegen die (soziale Marktwirtschaft). Auf diese Weise kann keine Konkurrenz entstehen und sich erst recht kein ausgewogenes Preisgefüge entwickeln. Und dies nur, weil Frau Reding nicht in der Lage ist einen für sie selbst tragbaren Handyvertrag abzuschließen.

    Denn wer in UK woht, jedoch die meiste Zeit in Brüssel erreichbar sein will und dort mobil ob der politischen Pflichten auch telefonieren können muß, der sollte sich einen Vertrag im Aufenthaltsland besorgen. Da gibts dann auch kein Roaming mehr und die Steuerzahler, die mit Sicherheit am Ende die Rechnung der Dame zahlen, werden entlastet.

    Das Vorspreschen der Frau Reding hat in meinen Augen nur Prestigegründe (was hab ich nicht Tolles für die EU-Bürger erreicht?!)

    Die Folgen tragen nicht die Bürger, die roamen. Die Folgen trägt die Wirtschaft. Allein bei meinem Arbeitgeber hat die erste Roaming-Anpassung Millionen Schaden angerichtet. Hinzu kommen die Schäden bei den Netzbetreibern. Summasummarum: Die Firmen sparen Kosten ein, optimieren, konsolidieren und sanieren wo es geht.

    Einen Teil der Folgen sieht man so nun in Elmshorn bei Talkline

  2. Georg Holzer
    Georg Holzer sagte:

    @Matthias:
    Sorry, wenn ich dir widersprechen muss. Frag deinen Arbeitgeber, wie viel er wirklich durch die Regulierung von Sprach-Roaming verloren hat. Oder besser: wie viel er weniger daran verdient hat, denn die Spannen waren gewaltig.

    Fakt ist, dass die Mobilfunker um ein Vielfaches mehr durch den Wettbewerb im jeweiligen Inland verlieren. Firmenkunden zahlen jetzt schon einen Bruchteil dessen, was der „kleine Mobilfunkkunde“ im Roaming zu bezahlen hat.

    Der gesamte Roaming-Umsatzanteil der Privatkunden beträgt laut Boris Nemsic (CEO, Telekom Austria, hatte am Freitag ein Interview mit ihm) lediglich 15 bis 17 Prozent. Verlieren tun die mit Großkunden, die für 18 Cent (netto) in den USA telefonieren können. Bei denen lassen die Mobilfunker die Hosen runter.

    Ich bin der Letzte, der nach mehr Staat oder Regulierung ruft. Aber wenn freie Wettbewerb versagt und nur eine kleiner ohnehin kleiner Benutzerkreis die großen Spannen besorgen muss, hört sich der Spaß bei mir auf.

  3. Mathias
    Mathias sagte:

    Ich weiß ziehmlich genau was wir veloren haben. Bin im PM. und genau deshalb ärgert mich diese Einstellung so.

    Ja, die Preise sind zu hoch. Ja man muß was tun. Aber die Art ist falsch. Es gibt andere Wege.

  4. Georg Holzer
    Georg Holzer sagte:

    @Matthias: Welche Wege wären das? Wenn die zu Kostenwahrheit, fairen Angeboten, steigendem Wettbewerb und vermutlich auch sinkenden Preisen führen, bin ich der erste der, der das unterstützt.

  5. Mathias
    Mathias sagte:

    Sorry, ich will mich hier nicht auf eine solche Diskussion einlassen, da das zu nichts führt.

    Fakt ist, dass der Weg von Frau Reding mehr als falsch ist und Arbeitsplätze kosten wird, mehr als ihr lieb sind.

  6. Georg
    Georg sagte:

    Nachdem ich mich persönlich zwei Jahre mit dem Lobbyingprozess zur Softwarepatent-Richtlinie beschäftigt habe, finde ich deine Aufforderung zu Grassroots-Lobbying sehr toll und unterstütze diese!

    Trotzdem fehlt mir in deinem Beitrag die wichtigste Information: Was soll ich meinem Abgeordneten kommunizieren? Nach meiner eigenen Erfahrung aus dem Lobbyingprozess zur Softwarepatent-Richtlinie fehlt mir ein einfaches Fact Sheet, in dem die wichtigsten Forderungen zusammengefasst sind. Auch müsste noch näher recherchiert werden, welche Abgeordneten im „Roaming“-Ausschuss sitzen.

  7. Dr. Hubert Pirker, Mitglied des Europäischen Parlaments (MEP)
    Dr. Hubert Pirker, Mitglied des Europäischen Parlaments (MEP) sagte:

    Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, dass es in diesem Zusammenhang eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates geben wird und keine „Regelung des Rates“, weil im Mitentscheidungsverfahren das Europäische Parlament und der Europäische Rat eine gemeinsame Lösung finden müssen, da es anderenfalls keine Verordnung gibt.

    Ich und die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments sprechen uns für eine Verordnung zu Roaming II aus, da diese eine zeitliche Verlängerung der Sprach-Roamingregulierung, sowie die Ausweitung der Regulierung auf das Daten-Roaming und SMS-Roaming vorsieht.
    Ich unterstütze eine neue Roaming II Verordnung, weil damit erreicht werden kann, dass bereits ab Sommer 2009 die Konsumenten nicht nur beim Telefonieren im Ausland, sondern auch beim Versenden von SMS von niedrigen Daten-Roaming Preisen und der erhöhten Transparenz, was die Tarifgestaltung der Betreiber angeht, profitieren werden. Ebenfalls wird mit der Roaming II Verordnung auch das Ziel eines funktionierenden Binnenmarktes im Bereich der Telekommunikation erreicht werden.

    Mit der seit Sommer 2007 eingeführten Preisobergrenze bei Sprach-Roaming, konnte jedenfalls eine ca. 40% Senkung der Kosten für den Nutzer erreicht werden. Für SMS Roaming will das Europäische Parlament mindestens eine solche Reduktion erreichen. Unsere Forderungen stellen wir immer im Interesse der Konsumenten.

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