Web Spezial 11 zum Download

Einer der Gründe, warum dieser Blog zusehends verwaist ist die übrige Arbeit. Am Samstag erscheint die bislang elfte Ausgabe des Web Spezials der Kleinen Zeitung. Hier schon vorab das PDF zum Download.

Freu mich auf Feedback, auch wenn’s nicht gefallen sollte.

Gratulation!

Heute findet im Oberen Belvedere eine ganz besondere Feier statt: Die Verleihung des New Media Journalism Awards vom Österreichischen Journalistenclub und der Telekom Austria an Gerald Reischl. Gerald ist einer der wenigen bloggenden Journalisten (Kurier und ORF) in Österreich. Daneben macht er mit mir gemeinsam den wöchentlichen Technik-Podcast pressestunde.net, ist Autor mehrerer Bücher, Marathon-Läufer und und und. Gratuliere!

Der Preis wird heuer bereits zum dritten Mal verliehen. Im Vorjahr gewann ihn Helmut Spudich vom Standard und beim ersten Mal hab ich gewonnen. Leider kann ich nicht dabei sein, weil ich gleich in die Arbeit muss, aber das Belvedere wird wohl einen würdigen Rahmen dafür bereiten 🙂 Cheers!

Beamte auf Kosten der Steuerzahler

Logo Telekom AustriaDass ein Beamter mit Steuergeld bezahlt wird, ist keine Neuigkeit. Dass unkündbare Mitarbeiter eines börsennotierten Konzerns, bald dem Steuerzahler am Säckel hängen könnten, ist eine Novität.

Wie ich die Sache verstehe: Die Telekom Austria kommt drauf, dass das Festnetz unrentabel ist, dort zu viele unkündbare Mitarbeiter beschäftigt sind und das den Börsenkurs drückt.

Börsenkurs Telekom Austria

Gegen eine Einmalzahlung werden diese Mitarbeiter in die Staatsholding ÖIAG verschoben. Würde das für die weitere Bezahlung dieser „nutzlosen Mitarbeiter“ reichen, wäre das wohl keine Lösung. Daher wird
wohl der Steuerzahler dafür aufkommen müssen.

Gleichzeitig wird die Spaltung der Aktie in zwei Teile: Fixed Line und Mobile diskutiert. Der unprofitable Bereich des Festnetzes kommt zur ÖIAG zurück, Mobile hebt ab und der Staat hat nix davon.

Warum muss ich dafür bezahlen? Warum nicht die Aktionäre der Telekom, die dadurch sicher Geld machen? Gibt’s Aktienoptionen für CEO Boris NemÅ¡ić & Co., die sich ohne öffentliche Intervention nicht rechnen?

Wenn ich nicht das bin (kleiner Schreiberling), was ich gerne wäre (Kernphysiker, Präsident der Vereinigten Staaten, Rockstar), dann muss ich damit leben. Wenn ein staatsnahes Telekom-Unternehmen meint, es müsse jetzt zum Börsenstar werden, warum müssen wir alle dafür bezahlen? Lebt mit dem, was ihr habt und versucht es besser zu machen!

Hab ich das was falsch verstanden?

Dabei gibt’s ganz logische Erklärungen, warum das Festnetz nicht funktioniert. Technisch ist es jeder Handy-Karte überlegen. Praktisch scheitert es am Unternehmen selbst. Mobiles Breitband ist binnen einer Stunde „scharf“. Bis ein DSL-Zugang gelegt ist, kann es Monate dauern. Wenn man zu viele Leute hat, wieso kümmern sich die nicht um künftige Kunden? Und wer meint, dass nur die kleinen, beamteten Mitarbeiter der Telekom behäbig reagieren, der täuscht sich.

Microsoft verschenkt Vista

Ist Microsoft so verzweifelt über die Verkaufszahlen von Windows Vista oder werden PC-Zeitschriften einfach nur immer reißerischer?

Amüsant ist der Artikel in der aktuellen Ausgabe der PC Welt auf alle Fälle zu lesen: Die Redmonder verschenken nicht nur Vista, sondern gleich das „Profi-Vista“. Gemeint ist in dem Fall Windows Server 2008, das man in der Standard-Version „umbauen“ kann. Das gute Stück ist allerdings nicht wie angekündigt auf der DVD, sondern als 1,8 Gig schwerer Download verfügbar.

Verschenkt wird hier auch keine Vollversion sondern ein 60-Tage-Trial, dessen Frist man allerdings mit „Hackermethoden“ dreimal auf insgesamt acht Monate verlängern kann. Amüsant auch noch die Aufforderung, dass man schnell mit dem Download beginnen soll, denn Bill Gates könnte es sich noch anders überlegen …

Weblog on steroids: Twitter als Vorbild

Der Microblogging-Dienst Twitter wird immer mehr zum Konkurrenten für meinen Blog. Soll heißen: Anstatt tiefgründig zu analysieren, gebe ich hin und wieder schnell was von mir, ohne viel nachzudenken, wenn möglich noch mit einem kurzen Linktipp – zu finden unter twitter.com/georgholzer. Die SMS-ifizierung schadet auch dieser Site, weil ich dadurch weniger blogge.

Aber es verändert sich mehr. Weblogs könnten demnächst dem gravierendsten Wandel seit ihrer Erfindung erfahren. Dank Twitter.

Was ist Twitter?
Die Site erlaubt kurze Einträge von max. 140 Zeichen Länge, ist aufgebaut wie eine Art Blog. Leser/Abonnenten – hier Follower genannt – bekommen die Inhalte per SMS, Website oder mit Hilfe spezieller Programme zugestellt. Jeder kann jedem followen, so entstehen unendlich viele, sich überlappende Kreise von Followern.

Twitter ist weit mehr als nur ein Dienst. Ich würde ihn gar als Kommunikations-Infrastruktur bezeichnen. Warum? Weil damit unendlich mehr möglich ist, als nur ein Anwendungszweck. Für beinahe jeden einzelnen Nutzer hat Twitter einen ganz anderen Zweck: Einmal ist es ein Chat, dann wieder ein Marketing- oder Hotline-Instrument und nicht zuletzt auch ein Mittel zur äußerst raschen Nachrichtenbeschaffung. Man muss es selbst ausprobieren, um das alles zu erfahren. Luca hat eine praktische Anleitung diverser Features geschrieben.

Aktuelle Entwicklungen:
Ohne Übertreibung kann man sagen, dass Twitter extrem viral ist. Auch wenn außerhalb der Valley- und Geek-Szene kaum wer davon Notiz nimmt … mehr als eine Million Nutzer (Stand: Ende März) sind schon etwas.

Bei einem einfachen Dienst gäbe es in Downtimes keine so argen Aufschreie – und Twitter ist oft down. Die Probleme beim Skalieren sind latent, die Downtime laut Pingdom war von Jänner bis März mit 37:16 Stunden die höchste aller größeren Social Networks. Zur Downtime der eigentlichen Site kommen noch gelegentliche Ausfälle von Schnittstellen – SMS, IM etc.

Twitter down

Weil der Dienst von so vielen Leuten als so wichtig angesehen wird, werden Lösungen gesucht. Die Rufe nach einer dezentralen, ausfallssicheren Version von Twitter werden immer lauter.

Dave Winer rief als einer der ersten danach — allerdings nur mit dem Ziel, seine Daten zu sichern, um sie im Falle einer Downtime abrufbereit zu haben. Ein genialer Vorschlag dazu kam von Chris Saad, der auch auf Techcrunch seinen Niederschlag gefunden hat: Eine völlig dezentrale und miteinander verwobene Microblogging-Plattform mit ähnlichem Featureset wie Twitter. Mehr dazu gibt’s auch am Podcast der Gillmor Gang (absolut hörenswert!).

Decentralized Twitter

Wie soll das gehen?
Funktionieren soll das wie mit Blogs auf Basis von WordPress. Jeder hat entweder einen eigenen Microblog/Tumblelog am Webserver installiert oder nutzt irgendeinen hosted Dienst. Das ist soweit kein Problem. Kompliziert wird es, diese Einträge an dezentrale Follower zu pushen. Hier könnten RSS und Instant Messaging-Schnittstellen wie XMPP (vormals Jabber) Abhilfe schaffen. Selbst Twitter-spezifische Features wie @Nachrichten, eine Public Timeline und der jeweilige Socialgraph ließen sich nachbilden. Eine detaillierte Beschreibung gibt’s bei Techcrunch.

Auf das SMS-Gateway müsste man verzichten, stattdessen könnten APIs, XMPP und RSS in Java-Anwendungen fürs Handy gepackt werden – genau so wie es sie jetzt schon für Twitter gibt. In der Diskussion bislang nicht angesprochen wurde die Auffindbarkeit von Nutzern und Content auf einer solchermaßen dezentralen Plattform.

Und warum überhaupt?
Es stellt sich die Frage, ob man eine Plattform wie Twitter überhaupt neu erfinden soll. Ganz einfach: Weil’s machbar ist, möglicherweise enorme Vorteile bietet und so Schwachstellen des Originals beseitigt werden könnten.

  • Weblogs: Was man mit Microblogging machen kann, ginge wohl auch mit ganz normalen Blogs. Es könnten die ganz neue Unterhaltungen entstehen, wenn man Möglichkeiten von Twitter und Weblogs verbinden würde – das reicht von Kommentaren via @Follower über Instant Messaging bis hin zur Public Timeline der Leser.
  • Unabhängigkeit und Portabilität: Klar, ich kann kein eigenes YouTube betreiben, aber kurze Text sind kein Problem. Mir wäre wohler, wenn ich über Content und Socialgraph frei verfügen könnte und die nicht in den Händen irgendeiner Firma wären.
    Klar: Man soll Content dorthin bringen, wo die Nutzer sind und diesen dezentral durchsuchbar machen. Aber auch dafür gäbe es mit Hilfe von APIs Lösungen.
  • Filtering: Ich kann für mich nicht sagen, Twitter mache mich produktiver. Das Verhältnis von Signal und Noise könnte gar kaum ärger sein. Nachrichten wie „Guten Morgen“, „Geh jetzt mützen“ oder „Kaffee trinken“ sind absolut entbehrlich, wenn es keine wirklich engen Freunde sind. Allerdings kommt von diesen Leuten auch wieder Sinnvolles.
    Es gibt zudem viele Redundanzen: Mich ärgern Tweets, die lediglich neue Blog-Einträge ankündigen. Ist es nicht so, dass die eigenen Follower ohnehin auch RSS-Abonnenten der jeweiligen Blogs sind?
    Ein besseres Filtering wäre auf jeden Fall wünschenswert.
  • Skalierbarkeit: Komplettausfälle könnten durch ein dezentrales System vermieden werden.

Das Original wäre insofern verwundbar, weil vieles bei Twitter ohnehin abseits der Websites passiert. Die API ist sehr offen, daher sind die Nutzer den Einsatz von SMS, Instant Messaging oder Drittanwendungen gewöhnt.

Die Zukunft:
Mike Arrington meint, es könnte bereits sehr bald OpenSource-Lösungen dafür geben. Man darf gespannt sein.

Und auch die Zukunft von Twitter selbst ist relativ klar: Microsofts wird es kaufen. In Redmond hat man jetzt volle Kassen und brauchen ohnehin „Juice“. Außerdem könnte Microsoft Hilfe beim Skalieren liefern. Außerdem hat der Software-Riese einen Ruf zu verlieren: Mit Twitter selbst könnte es bald bergab gehen, wenn es dezentrale Lösungen gibt.

PS: Ich weiß, der Volltext-Feed mach immer noch Probleme. Aber ich arbeite daran bzw. hoffe auf baldige Abhilfe.