gPhone: Handy aus dem Baukasten
Auch wenn die Gerüchte zum Schluss gestimmt haben: Google hat wieder einmal alle überrascht. Anstatt ein gPhone auf den Markt zu werfen, greift man Microsoft und Nokia frontal an. Und nebenbei ändert man auch noch die Spielregeln der Mobilfunkbranche.
Das sagenhafte Google-Phone ist kein Handy, sondern ein Baukasten namens Android. Anstatt sich mit einem einzigen Handset-Hersteller zusammen zu tun, holte man mit HTC, Motorola, LG und Samsung gleich vier Schwergewichte an Bord. Google will nicht ein gPhone, sondern tausende, meinte denn auch CEO Eric Schmidt heute bei der Präsentation der Mobilfunkstrategie. Recht hat er.
Android ist – sehr vereinfacht gesagt – eine Art Baukasten mit Empfehlungen für Hardware und kostenloser Software sein. Größter Vorteil: Es ist eine Plattform, die günstige und rasche Entwicklungen ermöglicht. Man besorgt sich einfach ein paar Leiterplatten, passt die Software an und baut ein ansprechendes Plastikgehäuse rundherum. Erste Handys sollen bereits im ersten Halbjahr 2008 erscheinen. Der SDK soll schon kommende Woche (vermutlich als Beta) untes Volk gebracht werden.
Anders als bei anderen Gadgets, könnten die Hobby-Designer diesmal gar nicht so falsch gelegen sein. So könnten die gPhones alias Andoiden tatsächlich aussehen:
Und was wird das gPhone denn können:
- Es wird viele verschiedene Versionen geben – vom „dummen“ Smartphone bis hin zu voll ausgestattenten PDAs mit 3G-Datenfunk, GPS-Navigation und Multimedia-Features.
- Es wird – nona – auf Linux basieren, der SDK und alle anderen Tools sollen unter GPL V2 freigegeben werden.
- Alle möglichen Google-Dienste sollen drauf laufen. Sollen, denn wie sehr Google die Hersteller dazu verpflichten kann, steht noch auf keinem Blatt.
- Es werden wohl sehr innovative Geräte dabei rauskommen. Geräte deshalb, weil es ja nicht immer nur Mobiltelefone sein müssen. Wer weiß, was man mit der Plattform alles anstellen kann …
Noch interessanter sind die Auswirkungen, die Android-Handys auf die Mobilfunkbranche haben könnten.
- Die Mobilfunkbetreiber werden immer unwichtiger:
Es ist klar, dass Google im Vordergrund stehen wird und nicht die T-Mobile & Co. Was auf sie zukommt, werden sie erahnen. Dabei sein ist alles … was sie noch tun können. In Hinkunft werden sie zu Datenspediteuren, wie es heute schon die Internet-Provider sind. Auch dort sorgen Google, Yahoo und Microsoft für den Mehrwert und die Mehreinnahmen in Form von Werbung. - Location Based Walled Gardens:
Wenn es etwas gibt, das Mobilfunkbetreiber hüten, wie den Augapfel, dann sind das die Positionsdaten ihrer Kunden. Es könnte ja sein, dass damit jemand – mit Zustimmung des Endkunden – Geld verdient. Wenn, dann sollte es der Betreiber selbst sein.
Mit diesem Mauern hat man sich selbst zuzuschreiben, dass es auch heute noch kaum location based Services gibt.
Dass das Google Phone den Maps-Dienst mitbringt, ist so sicher wie das Amen im Gebet. Bei immer günstigeren Preisen wird auch immer öfter GPS mit an Bord sein.
Über definierte Schnittstellen und hoffentlich auch der Zustimmung des Kunden könnten Das ist ein perfektes Beispiel dafür, wie sich ein Walled Garden selbst ad absurdum führt. - Werbung wird sich ändern:
Keine Frage, AdSens wird dabei sein – nona! Google ist längst schon keine Suchmaschine, sondern ein Riesen-Werbeunternehmen. Und mobil soll die ja noch besser wirken als stationär.
Nicht nur im Mobilfunk wird sich einiges tun, auch auf den Rest der „Old Economy“ kommen große Veränderungen zu. So steigt der Druck auf alle, online und mobil Werbung zu schalten.
Fragt sich der Nutzer wo denn die nächste Pizzeria ist, wird wohl nur zu der geleitet, die dafür auch bezahlt. Ob das auch die nächstgelegene ist, werden viele Kunden gar nicht wissen. Welche Pizzeria kann sich da erlauben, nicht mit dabei zu sein. - Breitseite gegen Microsoft:
Ich getrau mich jetzt, zu wetten. Es ist nur noch eine Frage, bis Gmail, dessen Kontaktverwaltung und Google Calendar integriert werden. Das wäre ein Frontalangriff auf Microsofts Exchange-Server. Bis dann noch ein Sharepoint-Clone (Wiki) kommt, wird wohl nicht mehr viel Zeit vergehen. Google Docs wird vermutlich mit der Zeit auch nicht schlechter.
Google positioniert sich somit auch in der Enterprise als wesentlicher Player. Für KMUs dürfte es nicht mehr lange dauern, wenn sie beim Suchmaschinenbetreiber eine passende Alternative finden. - Andere Handset-Hersteller:
Sie müssen sich schon seit dem iPhone anstrengen, besser zu werden. Nokia oder SonyEricsson werden sich beeilen müssen, ihre Handsets noch netztauglicher zu machen und eventuell Partnerschaften (mit Yahoo?) einzugehen. - Der Preisdruck steigt:
Wenn stimmt, was Google und seine Partner von der OpenHandsetAlliance heute in einer Telefonkonferenz verkündet haben, werden Handys in Zukunft deutlich billiger. - Werbung macht’s kostenlos:
Denkt man ein wenig weiter, könnte Gratis-Mobiltelefonie absolut eine Zukunft haben.
Google in jeder Tasche, das ist mächtiger als alles, was es bislang gab. Man stelle sich vor, dass in vielen Ländern das Handy der erste Kontakt mit dem Internet darstellt. Wenn jemand mit Google aufwächst, warum soll jemand noch Yahoo oder erst recht Microsoft brauchen?
Noch mehr zum Thema/Worth reading:
- Live Coverage zum gPhone Event auf Engadget
- Where’s my gPhone? am Official Google Blog
- GPhone mischt Mobilfunkmärkte auf bei Mobile Zeitgeist
- Google präsentiert Pläne für Handy-OS auf der Futurezone
Das ist ein bisschen schlampig recherchiert 😉
1. Es wird die Apache Licence v2 eingesetzt, nicht die GPL.
2. Die ersten Händis sind für das zweite Halbjahr 2008 geplant.
3. Es war absolut absehbar, dass Google kein eigenes Händi veröffentlichen würde. Das wäre ziemlich dumm, denn sie haben keine Ahnung von Hardware und könnten nur einen kleinen Markt bedienen.
Alles in allem also eine enttäuschende Ankündigung. Denn Android arbeitet jetzt seit 2004 bei Google (Und müsste damit Zugang zu ziemlich vielen Ressourcen haben.) und hat in drei verdammten Jahren (nicht zu vergessen, dass die Firma auch vorher schon aktiv war) kein fertiges Betriebssystem zusammen gebracht?!
Das ist einfach enttäuschend. Genauso wie OpenSocial, das von niemandem eingesetzt wird. Nichtmal orkut selbst hat ein Verzeichnis an Applikationen. (Zumindest ist es nirgends auffindbar.)
ahm,… @opensocial: da hast du wiederum schlecht recherchiert :p
$me will ein iPhone mit Android! 😉
Wow, warum habe ich erst jetzt davon erfahren!? Gibt es das jetzt schon? Sich ein eigenes High-Tech-Gerät nach Gutdünken zu basteln würde mich – als nicht-Handy-Nutzerin – ausnahmsweise mal interessieren.
Hallo,
also es ist so weit, dass gPhone
von Google wird noch diesen Monat in New York City vorgestellt.
LG Chris