Zum Google-Handy durch Großeinkäufe

Stefan hat’s grad getwittert: Google kauft den Microblogging-Dienst Jaiku.

gj

Jaiku ist ein Service wie Twitter: Man schreibt in knappen Sätzen, was man tut oder was einem gerade durch den Sinn kommt. Anders als Twitter ist die API eingeschränkter, es gibt weniger offene Andockmöglichkeiten. Das merkt man schon an der Liste von Drittsoftware, die sich bei Jaiku auf einige Nokia-Modelle beschränkt. Die Programm-Liste des „Originals“ ist dagegen meterlang.

Typisch für Google: Nach jedem Kauf ist die Anmeldemöglichkeit für normale User geschlossen. Bis der Dienst komplett im Google-Design umgebaut ist braucht eine der wenigen Einladungen.

gp

Es ist auf jeden Fall ein weiterer Schritt zum Google Phone.

Die Liste mobiler Anwendungen, die schon jetzt unter dem Google-Banner firmieren, wird immer länger. Das gibt’s schon:

  • Die mobile Suche ist simpel und durchaus brauchbar.
  • Gmail kommt als toller mobiler Java-Client auf fast jedes Handy.
  • Google Calendar bietet eine mobil-optimierte Website, allerdings noch stark ausbaufähig.
  • Die mobilen Google Maps sind einfach ein Hit. Damit bringt man unbedarfte Freunde immer noch in ungläubiges Staunen.
  • Den Bilderdienst Picasa gibt’s jetzt auch als mobile Variante.
  • Das mobile YouTube gibt’s es nicht nur am iPhone.
  • Google Reader am Handy ist unter der gleichen URL erreichbar und stets „in sync“ mit der Web-Version.
  • Obwohl es die tragbare Version von Google News offiziell bei uns noch gar nicht gibt, funktioniert sie schon prächtig.

Was fehlt noch? Was bietet ein „normales Handy“, das Google noch nicht kann?

  • Längst überfällig ist eine mobile Version von Gtalk. Vor einem Jahr würde über ein OpenSource-Projekt berichtet, von dem man allerdings nichts mehr hört. Vielleicht ebnet der Jaiku-Kauf den Weg dazu …
  • Dass schon eifrig an Gmail 2.0 gearbeitet wird, ist bekannt. Ein wichtiger Punkt dabei soll das Kontaktmanagement sein, das man wohl auch mobil nutzen kann.
  • Auch eine echte Kalenderapplikation würde nicht schaden. So gut der Dienst im Webbrowser funktioniert, so sehr hat er im Handybrowser noch Verbesserungspotenzial.
  • Sollte Google irgendwann einen mobilen Browser bringen, wird dieser bestimmt auf der Mozilla-Plattform basieren, die man finanziell und mit Ressourcen kräftig unterstützt.
  • Der Content-Upload: Bei YouTube ist es schon möglich, Videos am Handy zu drehen und online zu stellen. Bei Picasa ist man derzeit noch auf Drittdienste wie Shozu angewiesen.
  • Social Network: Zwar gibt’s mobile Versionen von Facebook & Co und Google’s eigenes Orkut dümpelt vor sich hin. Allerdings will Google in Zukunft verstärkt mitspielen. Vor zwei Wochen übernahmen die Kalifornier Zingku. Die Firma mit dem unaussprechlichen Namen entwickelte eine Social Network fürs Handy.
  • Werbung: Also ich hab zum Glück noch keine mobile Werbung gesehen. Aber das wird wohl nicht lange auf sich warten lassen.
  • Bezahlen: Was hindert Google dran, seinen Bezahldienst Checkout an SMS zu knüpfen? Das wäre wohl der nächste logische Schritt.
  • Google Docs: Es scheint, dass bald auch eine Handy-Version des Web-Officepakets kommt.
  • Google Transit: Wäre es nicht genial, bald Fahrplanauskünfte öffentlicher Verkehrsmittel via mobiler Google-Maps zu bekommen?

gmn

Google und die Konkurrenz:
Alles in allem sind das viele kleine Puzzlestücke, die für sich gesehen noch wenig Relevanz haben, weil sie allesamt unabhängig voneinander arbeiten, Insellösungen sind. Somit stellt das noch keine große Gefahr für Microsoft, Nokia & Co. dar. Im Gegenteil: Derzeit sind es noch nette Gimmicks, die auf deren Handys ganz gute Dienste verrichten.

Man stelle sich aber vor, Google bietet auf einmal volle Synchronisation an. Kalender, Kontakte, Mails sind auf allen Plattformen und in allen möglichen Clients „in sync“. Wozu würde man dann noch Lotus Notes, Microsoft Exchange usw. brauchen? Außerdem: Man vergleiche obige Feature-Liste mit den Funktionen des eigenen Handys. Ist nicht alles ersetzbar?

Die Anwendungs-Zusammenarbeit ist noch lange nicht perfekt. Man stelle sich vor man hat aus der Kalender-Anwendung vollen Zugriff auf Maps oder man könnte direkt aus dem Adressbuch zu einer Adresse navigieren …

Die Richtung ist klar – die Frage ist, ob Google ein eigenes Handy baut. Gerüchte werden ja immer wieder laut. Derweil ist’s wieder ein bisserl leise. Auch wenn HTC scheinbar schon daran bastelt – muss das überhaupt sein? Reicht nicht auch ein voll integriertes, synchronisierbares Paket von Anwendungen, das nach dem Modell von Google-Pack für den PC am Handy installiert wird?

Und dann gibt es noch die Geschichte, wonach Google bald zum Mobilfunkbetreiber werden könnte. In den USA will man unter bestimmten Voraussetzungen für die alten TV-Frequenzen mitbieten, die dann Handy-Dienste transportieren würden.

Die derzeitigen Mobilfunkbetreiber verkommen derweil immer mehr zu „dummen“ Datenspediteuren. Echte, einen Mehrwert bringenden, Dienste am Bitstream bieten längst schon andere wie Google, Yahoo oder Microsoft an.

13 Kommentare
  1. gis
    gis sagte:

    Nun ja, das „Original“ ist wohl eher Jaiku – schliesslich ist dieser Service um einiges älter als Twitter. OK, die API ist weniger offen und es gibt weniger Drittanwendungen als bei Twitter. Was aber nicht weiter schlimm ist, da Jaiku viele Funktionen wie z.B. automatisches Einbinden von Feeds bereits von Haus aus bietet.

    Der Einwurf von Heinz betreffend GTalk hat übrigens was…

  2. Jan
    Jan sagte:

    Besonders das Zusammenspiel der einzelnen Anwendungen finde ich einen wichtigen Punkt. Hier haben wir es meiner Meinung nach mit Googles größter Schwachstelle zu tun, die in der Zukunft noch zum Stolperstein werden kann. Denn einerseits ist die Firma sehr dynamisch und fördert die Kreativität ihrer Ingenieure, so dass immer wieder neue Ideen produziert werden. Aber wenn die „Mühen der Ebene“ anstehen, ist die Luft immer ganz schnell raus, wie ich finde. Da läuft extrem viel parallel und es bräuchte sicher mal eine eigene Abteilung, um das alles miteinander zu verbinden. Ich vermisse vor allem auch eine zentrale Anlaufstelle, die deutlich mehr ist, als die Linkliste in meiner „Konto-Übersicht“ und die deutlich mehr kann, als ein paar Widgets darzustellen wie bei iGoogle.

  3. Ruben B
    Ruben B sagte:

    @Jan: Das Zusammenspiel ist wichtig, der übergang sollte fließend sein. zB Maps innerhalb von Officedokumenten etc pp.

    Was ein GooglePhone betrifft bin ich immer noch sehr gespannt.

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