Mieten vertrieben die Hippies
Und noch ein „E-Mail aus dem Valley“.
San Francisco gilt als Welthauptstadt der Hippies und Schwulen. Die Musik der unzähligen Straßenlokale von Haight-Ashbury prägte Generationen: Janis Joplin wurde hier ebenso groß wie Jefferson Airplane. Später galt das Viertel zwischen dem Finanzdistrikt und den Pacific Heights als Künstler- und Schwulenviertel. Die Gegend verlieh der Stadt ihren weltoffenen, schrillen und bunten Ruf.
Doch das war einmal. Haight-Ashbury steht als Synonym für den Wandel der ganze Bay Area. Im Zuge des Internet- und Elektronikbooms Ende der 1990er Jahre kamen immer mehr moderne Goldgräber ins Silicon Valley, die Mieten stiegen ins Unermessliche. Mindestens 1000 Dollar muss man heute in San Francisco für eine Einzimmer-Wohnung auf den Tisch legen, für eine 80-Quadratmeter-Wohnung werden gut 2000 Dollar fällig, ein Haus an der Peripherie belastet das Familienbudget mit mindestens 3000 Dollar im Monat. Selbst heruntergekommene Eigentumswohnungen sind unter einer Million Dollar nicht zu haben. Für mehr Wohnraum fehlt auf der Halbinsel einfach der Platz und so mussten viele, die nicht in Hightech-Unternehmen tätig sind, wegziehen.
Ein Silicon Valley-Bürgermeister kann davon ein Lied singen. Er musste 2006 zurücktreten, weil er ob der hohen Preise wegziehen musste. [Anm. Hab die Geschichte von der Außenhandelsstelle gehört, Tony konnte sich jedoch nicht mehr an Namen und Gemeinde erinnern. Wir suchen noch.] Seine Gemeinde lebte allerdings gut vom Strukturwandel. Eine der wichtigsten Einnahmequellen der Silicon Valley-Kommunen ist die Grundsteuer, die jährlich ein Prozent des letzten Verkaufswertes ausmacht.
Wer so horrende Mieten zahlen kann, muss auch gut verdienen. Das Durchschnittseinkommen im Santa Clara County – hier befinden die meisten Tech-Firmen – lag im Vorjahr bei 87.000 Dollar. 500.000 der rund 2,5 Millionen Einwohnern in der Region sind Millionäre. Außerdem gibt es nirgendwo auf der Welt so viele Milliardäre wie hier.
Viele kommen da einfach nicht mehr mit und so hat San Francisco heute die höchste Zahl an Obdachlosen im Land. Der Mietenwahn hat mittlerweile ernste Konsequenzen für das nördliche Kalifornien: Bei Polizisten, Feuerwehrleuten oder Lehrern gibt es einen akuten Notstand. San Jose musste vor fünf Jahren gegensteuern. Nachdem Schulen darüber geklagt hatten, dass sie wegen der enormen Wohnungskosten keine jungen Nachwuchslehrer mehr bekamen, legte die „Hauptstadt des Silicon Valley“ ein Förderprogramm auf. Die besten jungen Lehrer wurden aus dem ganzen Land mit einem speziellen Wohnbaudarlehen geholt. Einen Teil der Zinsen und Kreditrückzahlungen übernimmt seither die Gemeinde.
Wer sich dem Diktat des täglich bizzarrer werdenden Immobilienmarktes nicht unterwerfen will, muss lange ins Valley einpendeln. Der tägliche Weg zur Arbeit dauert für viele mehrere Stunden am Tag.