Cool, ein "Streber" zu sein

Und noch eine meiner Kleine-Zeitung-Stories aus dem Valley.

Cool, ein „Streber“ zu sein

Trotz so viel Technologie im Silicon Valley braucht man nicht meinen, der Durchschnittsbürger bewaffne sich ständig mit iPod und iPhone, beschäftige sich unablässig mit PC und Web oder spiele unentwegt mit GPS-Navigationsgeräten. Im Grunde gibt es keine Ausnahme zum Otto-Normal-Steirer. Auch hier ist man froh, wenn man nach der Arbeit den Computer ausschalten und sich ein Baseballspiel im Fernsehen ansehen kann. Auch hier ist der durchschnittliche Nutzer kein Computergenie und hat Probleme mit der Bedienung von Handy oder Digitalkamera.

Aber es gibt Ausnahmen: die „Geeks„. Das sind jene Streber, die an der Uni im Schachclub waren, eine Astronomie-Vereinigung gründen oder sich in jeder freien Minute einem bestimmten Thema widmen. Sie sind es, die tagelang vor einem Geschäft campieren, nur um als erster ein neues Handy (iPhone) oder Spielkonsole (Playstation 3) zu ergattern.

In einer immer komplexeren, digitalen Welt, werden diese Streber beim „Normalvolk“ immer beliebter, wie Leo Laporte, ein bekannter Podcaster und Talk-Radio-Moderator aus Petaluma, unlängst meinte: „Früher wurden wir nie zu Parties eingeladen. Jetzt können die hübschesten Mädels von damals nicht mehr ohne uns leben.“

Es ist die ungebändigte Leidenschaft für etwas, das Geeks antreibt – und Leidenschaft will geteilt werden. In der Bay Area geht das eben leichter als anders wo auf dem Planeten, weil es so viele von ihnen gibt.

Im März 1975 gründeten Gordon French und Fred Moore in ihrer Garage in Menlo Park den „Homebrew Computer Club„. Bei den Treffen und in Newslettern wurde über neueste Entwicklungen diskutiert, Baupläne für erste computerähnliche Geräte ausgetauscht. Dabei waren etwa Lee Felsenstein, Entwickler des ersten tragbaren Computers, oder Apple-Mitbegründer Steve Wozniak. Bei diesen Treffen zeigte Wozniak allen die Baupläne und Teilelisten für den ersten Macintosh Apple I.

Wer gibt, bekommt auch zurück, lautete die Devise und noch heute sagt Wozniak, dass ohne den Club und die Mithilfe der Hobbyisten der erste Mac niemals das Licht der Welt erblickt hätte. Niemand dachte zu dieser Zeit, dass aus ihren Hobbies einmal die milliardenschwere Computerindustrie entstehen sollte.

Den Homebrew Computer Club gibt es längst nicht mehr. Als der Erfolg kam, wurde Wozniak von Co-Gründer Steve Jobs verboten, so offen über Apple-Entwicklungen zu sprechen. Heute treffen sich Geeks bei spontanen, übers Web organisierten, „Meetups“, gehen „Photowalken“ oder organisieren eigene Konferenzen.

Normalerweise kostet die Teilnahme an Tagungen tausende Dollar oder es gibt einen sehr elitären Kreis der Eingeladenen. Anders bei den „BarCamps“ der Geeks: Sie sind allen kostenlos zugänglich, die sich austauschen wollen. In offener Atmosphäre voneinander lernen – dieses Prinzip der Urväter des Silicon Valley wird heute weltweit gelebt. BarCamps gibt es mittlerweile auch in Österreich.

3 Kommentare
  1. Günter Obiltschnig
    Günter Obiltschnig sagte:

    Die Baupläne und Teilelisten für den Macintosh hat Woz wohl nicht dem Homebrew Computer Club präsentiert (da hätte Steve Jobs wohl was dagegen gehabt ;-). Das war der Apple I.

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