Die beste Kamera der Welt

Ob die Kamera am Hubble-Weltraumteleskop besser ist, kann ich nicht beurteilen. Auf alle Fälle, sollte die UltraCamX das beste sein, was man auf Erden und in der Luft verwenden kann.

Entwickelt wurde sie in Graz bei Vexcel, um Luftbilder von Flugzeugen aus zu machen. Sehr vereinfacht erklärt: Sie wird in den Rumpf eines Flugzeuges eingesetzt und schießt ein Foto nach dem anderen. Daraus entstehen dann die Luftbilder, die wir von Virtual Earth, Google Earth & Co. kennen.

Die Kamera und das Vexcel-Team waren so gut, dass Microsoft keinen Auftrag gab, sondern die Firma im Vorjahr gleich kaufte. Seitdem wird sogar Google (zumindest) in der Luft überholt.

Vor zwei Wochen wurde das neue Büro von Microsoft Photogrammetry in Graz eröffnet, und ich durfte es mir unter die Lupe nehmen. Bei dieser Gelegenheit konnte ich auch ein interessantes Video-Interview („Who are you?“) mit Franz Leberl, den Gründer von Vexcel machen. Here we go – nach einer Minute „Vorspiel“ geht’s los.

Bevor jetzt jemand auf die Idee kommt, die UltraCamX im Elektromarkt zu suchen, hier noch ein paar technische und finanzielle Daten:

  • Die Kamera besteht aus drei Teilen: Dem Sensor, dem Bildchip und der Dateneinheit.
  • Auflösung: 14.430 x 9420 Pixel. In Summe macht das schlappe 216 Megapixel am CCD-Sensor. Es arbeiten 13 CCD-Sensoren gleichzeitig. Die Farbtiefe beträgt übrigens 12 Bit je Pixel und Grundfarbe.
  • Acht Linsen: Die Objektive für meine Nikon sind schon unleistbar – ich will erst gar nicht denken, was man für einen „Tamron-Nachbau“ für die UltraCam ablegen muss.
  • Abgesehen, dass sie recht sperrig ist – zum Photowalken würde ich das sauschwere Monstrum auch nicht mitnehmen 🙂
  • Datenbus: Drei Gigabit pro Sekunde werden ständig von der Kamera zur Verarbeitungs-Unit bewegt. 15 CPUs sind parallel damit beschäftigt, die Daten zu verarbeiten und zu speichern.
  • Die Festplatten sind austauschbar und können jeweils 4.000 Fotos speichern.
  • Preis: 600.000 Euro (ohne Flugzeug, das in einer kleinen Ausführung allerdings billiger wäre).

cam2cam1

Gebaut wird die Kamera übrigens (Vorsicht: Lokalpatriotismus) in Kärnten bei Wild Austria.

Wo liegen die großen Herausforderungen?

  • Die Kamera muss unter allen Umständen gestochen scharfe Bilder liefern.
  • Sie muss dabei starken Vibrationen ebenso trotzen wie hohen Temperaturunterschieden.
  • Sie muss eine extrem hohe Bitrate liefern können. Wenn man auf spiegelnden Dächern oder in tiefdunklen Häuserschluchten noch etwas erkennen will, braucht man mehr als die acht Bit einer herkömmlichen Kamera. Die Kamera nimmt 14 Bit auf, gerechnet wird mit 16 Bit und zur Geltung werden 12,9 Bit gebracht – das sind 7400 Grauwerte für jede Grundfarbe (rot, grün, blau).

Ihr größter Vorteil: Sie ist digital. Das klingt jetzt eigenartig, aber der Standard für die Befliegung ist immer noch analog. Die Bilder müssen so nicht erst gescannt werden, sondern können gleich entzerrt und auf das Höhenmodell gelegt werden.

Apropos Höhen: Der eigentliche Grund für die Übernahme von Microsoft war laut Leberl nicht die tolle Kamera. Bei Vexcel hat Microsoft angefragt, ob sie in kurzer Zeit, „Städte in die Höhe wachsen lassen“ können. Soll heißen: Durch eine entsprechende Überlappungen der Orthofotos können die Konturen automatisch erkannt werden. Vexcel hat einen Algorithmus entwickelt, mit dem man dank stark überlappter Fotos (mit Digitaltechnik kein Problem), Häusermodelle nachbauen kann.

4000 davon sollen in den nächsten zwei Jahren in Virtual Earth drinnen sein. Graz wird in wenigen Tagen freigeschalten. Als Teaser gibt’s ein auch schon ein Video, wie das aussehen wird. In Echt kann man sich das schon jetzt etwa für New York ansehen (3D-Plugin nötig).

Ich habe übrigens auch ein Videointerview mit Stephen Lawler, dem Chef von Virtual Earth, gemacht. Das folgt in den nächsten Tagen.

team

4 Kommentare
  1. feistygibbon
    feistygibbon sagte:

    Hallo Georg

    Super „Who are you Video“. Ich finde diese Art des Journalismus gewaltig. Wort und Video ist IMHO uns Menschen ein besseres und natürlicheres Kommunikationsmittel als Text und im traditionellen TV könnte man einem Interviewpartner NIE die Zeit einräumen, um so seine Geschichte zu erzählen.

    Man kann so auch den „Flair“ des ganzen ein wenig spüren. Die Überraschung mit Microsoft, das „Unverständnis“ dafür, dass das Due Dilligence (Buchhalter, Rechtsanwälte) in der Relation so lange gebraucht hat. Dies spüre ich zwischen den Zeilen und das kann Text nie machen.
    Ich kann auch Text nicht „nebenbei“ laufen lassen.

    A Long Story Short. Scoble hat sich mit den „Who are you“ Videos einen weltweiten Namen gemacht. Diese Chance besteht noch für den deutschsprachigen Raum und ich hoffe Du bringst noch mehr solcher Interviews 🙂

    Für dieses erstmal tausend Dank.

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