Neudefinition von DRM wäre nötig

Ich war – wie bereits erwähnt – in London. Ericsson und One haben gemeinsam zu dieser Pressereise eingeladen. Die Reise hat mobile Musikdienste zum Thema. Alles dreht sich um die Frage, wie Musik denn aufs Handy verkauft werden kann. Wie schon zuvor angekündigt, hat One hier seinen neuen Tarif 4zu0Music angekündigt.

Natürlich sind die verkauften Songs per Digital Rights Management (DRM) geschützt. Das ist eine Technik, die verhindert, dass Dateien nach Lust und Laune hin und herkopiert werden. Sie regelt, was der Nutzer mit einer Datei machen darf oder was nicht. Weil sie hauptsächlich Einschränkungen vorgibt, bezeichnen viele sie als Digital Restriction Management.

Das grundlegende Problem:
DRM ist an einen Hersteller gebunden. Das heißt, nicht jeder PC oder MP3-Player kann den Song abspielen, es bedarf des richtigen Programmes bzw. der richtigen Hardware. Bei anderen bleibt das Gerät oder die Software stumm.

Wer im iTunes Music Store einkauft, kann seine Songs nur auf iPods von Apple abspielen. Musik von Napster spielen nur Player ab, die von Microsoft zertifiziert wurden. Und noch komplizierter: der neue Microsoft-Player „Zune“ kann nicht einmal die Songs von Napster abspielen, obwohl er mit DRM-Software des gleichen Herstellers arbeitet.

DRM, Grafik: Georg Holzer

Weitere Einschränkungen betreffen die Frage des Brennens. „Fairplay“, so heißt das DRM von Apple erlaubt das Brennen. So lässt sich gekaufte Musik etwa nicht in CD-Playern oder im Auto abspielen. Andere Anbietern haben unterschiedliche Regeln – teilweise unterscheiden sich diese Regeln sogar je nach Song! Eine Übertragung der Titel von einem DRM-Modell auf ein anderes funktioniert gar nicht.

Mangelnde Information
Der Musikkonsument ist gewohnt, Musik zu kaufen. Von Rechten bzw. Restriktionen hat er überhaupt keine Ahnung. Allzu oft verschweigen die Anbieter diese Restriktionen. Ihre wahren Probleme werden erst anfangen, wenn Konsumenten mobil werden – sprich: wenn ein ehemaliger iPod/iTunes-Kunde den Player eines anderen Herstellers kaufen kann.

Vielfach ist auch nicht geklärt, was passiert, wenn die gekauften Musikdateien – beispielsweise durch einen Hardwarefehler – kaputt gehen. Kann sie der Kunde wieder nachladen?

Den Anbietern von Musikshops muss klar sein, dass sie für mehr Information und Aufklärung bei den Kunden sorgen müssen. Nur: wollen sie das auch? Mit der Zeit werden ihre Kosten für Customer Support allerdings kräftig steigen.

Wohin soll es gehen?
Man darf mich nicht falsch verstehen – DRM ist in vielen Bereichen wichtig, unkontrolliertes Kopieren von Musik und anderen Inhalten schadet den Künstlern. Wenngleich der Schaden nur einen Bruchteil dessen beträgt, was die Musikindustrie – und hier vor allem die Major Labels (Sony/BMG, Universal etc.) – reklamiert. Die Formel „Anzahl an Downloads x Preis“ ist sicher falsch, weil wenn die Piraten sicher nicht alles zu den entsprechenden Kosten herunter landen würden.

DRM ist also nötig, nur muss es interoperabel sein. Das bedeutet, dass dem Konsumenten jedweder Gebrauch erlaubt sein muss. Er soll seinen Song im Auto, am Handy, am Küchenradio, PC, iPod oder auf seiner Stereoanlage abspielen dürfen.

Möglich wäre das mit „elektronischen Schlüsseln“ von Webservices, die eindeutig einer Person zugeordnet sind. Dafür fehlt aber noch eine Infrastruktur: Fernseher, Auto- und Küchenradios sind (noch) nicht vernetzt, können also nicht nachfragen, ob das Abspielen eines Songs erlaubt ist. Am PC, iPod oder auf anderen MP3-Playern ist das jedoch möglich, wenngleich von den Herstellern und Vertriebsfirmen nicht erwünscht – man würde Kunden an die Konkurrenz verlieren, die aktuell noch an einen gekettet ist.

DRM-Vision, Grafik: Georg Holzer

Pricing
Ein offenes Modell widerspricht dem Geschäftsmodell von Apple, Microsoft & Co. Es würde ultimativ auch zu einem Preiskampf unter den Anbietern führen, schließlich klingt ein bestimmter Song bei jedem Anbieter gleich.

Ob der von Apple seinerzeit eingeführte Standardtarif von 99 Cent je Song gerecht sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Fakt ist, dass alle wichtigen Label darauf eingestiegen sind – und Verlust werden die wohl nicht einkalkuliert haben.

Bleibt die Frage nach der Preisdifferenzierung je nach Nutzungsszenario. Ein Premium-Preis für mobile Angebote ist auf jeden Fall gerechtfertigt, schließlich will man oft „just in diesem Moment“ einen Song kaufen und somit auch hören. Wer allerdings einen höheren Preis bezahlt, darf dafür nicht auch noch mit einem strikteren DRM (kein Brennen, keine Übertragung auf den PC etc.) bestraft werden.

Das ist aber leider bei vielen Angeboten noch immer der Fall. Am Mittwoch habe ich dazu einen Musikmanager (Namen und Firma habe ich leider nicht notiert) gefragt, ob das fair sei. Die Antwort hat mich nicht überrascht: er hatte keine.

Zusatzangebote sind gefordert
Derzeit sind die illegalen Angebote eindeutig im Vorteil: Man bekommt Musik in Tauschbörsen in höherer Qualität als bei iTunes, die noch dazu keinerlei Einschränkungen hinsichtlich DRM kennt. Der Preis ist unschlagbar und wenn man es nur herunterlädt (also nicht gleichzeitig anbietet), so ist das für Privatpersonen in vielen Ländern auch noch legal.

Also muss sich die Musikindustrie etwas überlegen. Mehr Bequemlichkeit alleine ist bei vielen ein Argument, aber zu wenig, um die Hardcore-Downloader zu erreichen.

Die Lösung
Wenn es nicht dringend ist: einfach CDs kaufen. Die kann man in aller Regel in ungeschützte MP3-Dateien umwandeln. Wenn dieses so genannte Ripppen mit dem streng verbotenen Entfernen des Kopierschutzes verbunden ist, stört mich das herzlich wenig. Schließlich habe ich die Musik gekauft und will sie überall abspielen, wo ich will. Das ist mein gutes Recht, so meine ich.

Die Zukunft
Angesichts des noch immer nicht vorhandenen kritischen Bewusstseins beim Konsumenten, wird die Musikindustrie und die Distributoren noch eine Weile so weiter machen können. Auf ewig wird das aber nicht so weiter gehen. Irgendwann wird DRM weniger strikt werden müssen!

7 Kommentare
  1. Thomas Lutz
    Thomas Lutz sagte:

    Du hast schon recht. Der springende Punkt ist die mangelnde Interoperabilität der DRM Systeme untereinander. Allerdings steht dem die unterschiedliche internationale Rechtslage im Bereich Urheberrecht entgegen. IMHO ist das Problem weniger die technische Interoperabilität sondern vielmehr der Mangel an rechtlicher Interoperabilität.

  2. Georg Holzer
    Georg Holzer sagte:

    @ Thomas: Das kann man so natürlich sehen. Oder auch anders:
    Es gibt schon teil-offene DRMs und das auch in Europa, wo es keine Softwarepatente gibt: nämlich von deiner Firma! Es gibt nicht nur einen Musikanbieter, der auf MS-DRM setzt, sondern viele (Loudcloud, Napster …) und es gibt auch viele Player.

    Aber vielleicht ist die Lösung noch einfacher: Man müsste den Konsumenten nur vertrauen.

    Und dann gibt es noch eine ganz sanfte Methode von DRM: iTunes schreibt in jeden Song die Mail-Adresse des Käufers. Und weil die mit der Kreditkarte verknüpft ist, will sie wohl keiner in Tauschbörsen sehen …

  3. Stefan Jaeger
    Stefan Jaeger sagte:

    Typo oder Absicht: „Weitere Einschränkungen betreffen die Frage des Brennens. “Fairplay”, so heißt das DRM von Apple erlaubt das Brennen. So lässt sich gekaufte Musik etwa nicht in CD-Playern oder im Auto abspielen.“ NICHT? Genau das erlaubt Apple, du kannst einen Sogn so oft du willst brennen und gekaufte Songs vom Mac auf den iPod und auch retour transferieren…

    Wenn ich mir dazu andere (MS)-DRM-Modelle ansehe ist iTunes ja noch ein Hauch von Freiheit..

  4. Martin 'm3' Leyrer
    Martin 'm3' Leyrer sagte:

    Wenn dieses so genannte Ripppen mit dem streng verbotenen Entfernen des Kopierschutzes verbunden ist, stört mich das herzlich wenig.

    Bis die Polizei an Deine Tür klopft. Die Umgehung eines „wirkungsvollen“ Kopierschutzes ist in Österreich verboten. Punkt. Hier hat sich die europäische Politik erfolgreich von den Medienkonzernen beschwatzen lassen. Da kannst Du noch so davon überzeugt davon sein, dass es Dein Recht ist, diese CD zu rippen.

    Meine persönliche Konsequenz daraus: UN-CDs mit mehr oder weniger wirksamen Kopierschutz werden nicht gekauft.

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