DML Vol. 1: Podcasting

Der Showcase der ersten Digital Media Lounge (DML, siehe weiter unten …) war Podcasting. Hier ein paar Gedanken, was Podcasting ist sowie warum und wie, man auf diesem Zug aufspringen müsste:

Was ist Podcating?
Der Name leitet sich aus „iPod“ – dem am weitest verbreiteten MP3-Player – und dem Wort „Broadcasting“ (Senden) ab.

Technisch gesehen handelt es sich um Audio-Files im MP3-Format, die ins Web gestellt werden. Mittels einer Verknüpfung in einer .rss-Datei können Nutzer diese mit einem Klick „abonnieren“. Das geschieht mit einem „Podcatcher“ genannten Programm (Apple iTunes oder etwa die Open-Source-Software iPodder).

Immer wenn der Autor eine neue Datei ins Netz stellt, wird diese automatisch auf den Computer des Abonnenten („Subscriber“) und in weiterer Folge auf dessen MP3-Player kopiert. So kann jeder die bestellten Podcasts anhören wo immer und wann immer er will.

Wie groß sind derzeit die Nutzerzahlen?
Zugegeben, im Moment ist die Zahl derer, die das Medium nutzen verschwindend gering. Dennoch hat Podcasting mittlerweile eine gewisse Bedeutung erlangt. Drei Beispiele:

  • Annik Rubens war lange Zeit die Nummer eins in Deutschland. Ihren Podcast („Schlaflos in München“) abonnieren jeden Tag 17.000 Deutsche, Schweizer und Österreicher. Die aktuelle Nummer eins bei iTunes ist übrigens der Ö3 Comedy-Podcast. Nutzerzahl: unbekannt.
  • Timo Hetze gestaltet eine Kindo-Sendung am kleinen Münchner Studenten-Sender M94,5. Während ihm „on air“ gerade einmal ein paar hundert Bayern zuhören, abonnierten seinen Podcast mehrere Tausend. Seit kurzem machen Hetze und Rubens einen gemeinsamen Podcast („Filme und so“).
  • Der WDR begann vor wenigen Wochen mit neun Podcasts. Mittlerweile haben diese aus dem Stand und ohne viel Werbung 30.000 Abonnenten. Das war der Stand anlässlich der IFA Anfang September.

Noch ist die Zuhörerschaft sehr klein, allerdings zeigen diese Zahlen auch, dass es eindeutig Potential gibt. Dabei ist dieses Medium gerade einmal am Anfang und die Technik noch nicht ganz einfach zu bedienen. Die Podcast-Unterstützung in Apples iTunes 6.0 ist zwar der richtige Weg, doch noch immer nicht die Ideallösung.

Einen ordentlichen Schub könnte das Thema in wenigen Wochen bekommen. Nokia arbeitet an einer Software, mit der man Podcasts ganz einfach am Handy mitnehmen kann („M-Casting“). Auch wenn MP3-Player heute schon sehr weit verbreitet sind – ein Handy hat jeder mit dabei …

Bleibt Podcasting ein Hype oder steckt mehr dahinter?
Erfunden wurde Podcasting schon vor einiger Zeit. Es ging auf Überlegungen des Amerikaners Dave Winer zurück. Aber erst als sich der aus den Niederlanden stammende MTV-Moderator Adam Curry im Sommer 2004 auf das Thema setzte, hob es ab.

Obwohl es sehr jung ist, gewann das Medium eine breite Unterstützung in der Industrie. Neben Apple ist Nokias Engagement der wichtigste Beweis dafür. Auch Microsoft investiert heftig. Die kommende Version 11 des Windows Media Players wird wird volle Podcast-Unterstützung enthalten.

Einen weiteren Schub könnte das noch junge Medium durch die Schaffung von Bezahl-Modellen bekommen. Bereits jetzt verlangt Harald Schmidt 99 Cent pro Folge – er ist damit aber noch die Ausnahme. Vor allem Apple will mit seinem iTunes Music Store hier eine Vorreiter-Rolle spielen.

Noch ist Podcasting ein junges frisches Medium, das sich aber ständig verändert. Nirgendwo wird so viel experimentiert, wie in diesem Feld und es ist spannend dabei zuzuhören. Mit dem neuen iPod video wird sich das noch einmal stark ändern. Erste Videopodcasts gibt es schon zuhauf im Netz.

Daher meine ich, dass Podcasting mit Sicherheit eine Zukunft hat – vorerst allerdings nur in einer Nische.

Was lässt sich überhaupt Podcasten?
Im Grunde genommen lässt sich jedes MP3-File auf diesem Wege verschicken. Die Inhalte von Podcasts sind weit gestreut: von irgendwelchen belanglosen Wortspenden bis hin zu sehr guten, fachbezogenen Inhalten. Egal ob es nun peinlich oder perfekt klingen mag – eines haben alle Podcaster gemeinsam: die Leidenschaft zu dem bestimmten Thema. Und genau das macht es so interessant. Wann hört man schon im Radio jemanden leidenschaftlich zu einem Thema moderieren?

In letzter Zeit springen immer mehr Radiosender auf diesen Trend auf – vor allem öffentlich-rechtliche Radiostationen in Deutschland beginnen damit. Auch in Österreich wird ordentlich gepodcastet. Nachdem Ö3 sich als erstes auf den Zug gesetzt hat, gibt es nun auch drei verschiedene Podcasts der Antenne Vorarlberg.

Ideal geeignet sind Inhalte (zwei bis 20 Minuten), die ein wenig länger haltbar sind als die stündlichen Nachrichten.

Warum sollte ein Medienunternehmen „podcasten“?

  • Wider dem Trend: Das Radio-Format AC (Adult Contemporary, Antenne, Ö3) wird zwar immer noch am weitesten verbreitet sein, aber – so meine ich – zusehends an Bedeutung verlieren. Das vor allem im Hinblick auf die Musikprogrammierung: Jeder, der einen  iPod hat, kann sich seine Lieblings-Musik selbst zusammenstellen und somit seinen individuellen Geschmack weit besser treffen als jeder Musikchef. Angesichts des AC-Gedudles – sorry für den Ausdruck – auf Ö3 oder der Antenne verstehe ich dieses Argument vieler iPod-Besitzer sehr gut.
  • Content-Wiederverwertung: Wortbeiträge – und hierbei geht es bei Podcasts hauptsächlich – sind teuer zu produzieren. Es ist doch viel zu schade, dass interessante Flächen-Beiträge, Features, Interviews auf radiotaugliche 1:30 zusammen gestutzt werden, nur um danach max. zweimal auf Sendung gehen und anschließend im Archiv verschwinden. Mit Podcasts gäbe es eine interessante Zweitverwertung solcher Inhalte – diese könnten auch gleich länger und hintergründiger sein als das ausgestrahlte Material.
  • Einfach und billig: Moderne Computertechnik führte zu einer Demokratisierung der Mediengestaltung. Um einen Podcast zu erstellen, braucht man sehr wenig: Ein Mikrofon und ein PC mit Internet-Zugang reichen.
  • Junges Publikum: Bei Jugendlichen ist das Radio nicht mehr der große Renner. Nicht nur Zeitungen, auch Radiosender verlieren daher in dieser Zielgruppe zusehends Kunden. Das Internet ändert gerade deren Medienkonsum wie nichts anderes zuvor. Vielleicht werden diese Veränderungen in Zukunft noch radikaler, als wir uns das heute vorstellen können. Mit einem neuen Medium könnte man möglicherweise einige wieder zurückholen oder zumindest in dieser Zielgruppe wieder Fuß fassen.
  • Zeit- und ortsunabhängig: Hörer wollen gute Inhalte, nur haben sie selten genau dann Zeit, wenn diese ausgestrahlt werden. Der Nutzer wird mit Podcasting zeit- und ortsunabhängig im Konsum von Medien. So ist es ihm möglich, Beiträge nicht mehr zu verpassen. Viele Medien lassen sich außerdem nicht überall und immer konsumieren. Man denke nur an eine Zeitung, die man während einer Autofahrt nicht lesen oder das Radio, das man im Flugzeug nicht hören kann.
  • On Demand: Weil der Nutzer mit Podcasting „Radio“ hört, wann er entspannt ist, Zeit dafür hat und weil er genau dem lauscht, das ihn interessiert, ist er viel konzentrierter dabei als ein normaler Radiokonsument. So könnte auch Werbung („Dieser Podcast wurde gewidmet von …“) interessant sein. Außerdem: die meisten Podcasts richten sich an eine bestimmte, genau definierte Zielgruppe. Wo ist das sonst so klar der Falle?
  • Talente finden: Hat schon jemand die – noch sehr wenigen – österreichischen Podcasts durchstöbert? Hier ließen sich unter Umständen einige Talente entdecken, die mit der Gestaltung von Radiobeiträgen schon Erfahrungen gesammelt haben.
  • User-generierter Content: Während der Unwetter in der Schweiz vor zwei Wochen waren Podcaster als erstes vor Ort und versorgten viele Radiosender mit Material. Wenn die Szene in Österreich groß genug ist, könnte das auch hier passieren. Mit einem Schlag hätte man ein Korrespondentennetz in vielen Winkeln des Landes.
  • Erfahrungen sammeln: Podcasting wäre mit Sicherheit ein Bereich, wo man schnell und günstig Erfahrungen mit einem neuen Medium machen könnte, das – so meine ich zumindest – ein großes Potential und viel Zukunft hat.
  • Jung und dynamisch: fürs Image auch nicht schlecht
  • Werbung in eigener Sache: Wer sich Podcasts – etwa den eines Radiosenders oder eines bestimmten Moderators – anhört, will vielleicht auch das Original live hören.
  • Gute Zielgruppe: Es gibt zwei Zielgruppen für iPods. Für junge Nutzer zählt ein MP3-Player bereits zur Standard-Ausstattung wie die Maus zum Computer. Die meisten Käufer eines originalen iPods sind jedoch zwischen 30 und 40 Jahre alt. Für sie sind die Player mit den charakteristischen weißen Ohrhörern durchaus noch ein Statussymbol. Sie rippen ihre CD-Sammlungen in MP3-Files und zelebrieren damit ihren Musikgenuss geradezu. Sie verdienen mehr und sind in der Regel mehr und sind besser gebildet als der Schnitt dieser Altergruppe.
  • Bekanntes Publikum: Durch Auswerten der Logfiles und andere Möglichkeiten weiß man, wer reinhört.

Wo liegen die Risiken?

  • iPod und Podcasts bringen enorme Veränderungen mit sich, die Radiosendern genau so gefährlich werden können, wie das Internet für die Musikindustrie. Davon bin ich mehr als überzeugt! Zumindest dieses Argument rechtfertigt es, sich dies Themengebiet näher anzusehen.
  • Durch ein verstärktes Online-Stellen von „On-Air“-Inhalten, könnten viele gar nicht mehr Radio hören. Aber: Wenn immer mehr andere Content-Anbieter Inhalte ins Netz stellen, könnten die eigenen Radiosender völlig leer ausgehen.
  • Mit einem Schlag werden auch öffentlich-rechtliche Sender aus Deutschland oder die BBC zur Konkurrenz für private Radios in Österreich. Aber die kommen sowieso – egal ob man hier etwas macht oder nicht.
  • Es kostet Geld – wenn auch nicht viel – und die Erträge sind fraglich.
  • Die zeitliche Souveränität von Radio-Sendern geht so verloren. Es lässt sich auch nicht mehr steuern, wann welche Werbung kommt.
  • Bei der Erstellung einer eigenen Podcasting-Plattform für jedermann müssen Szenarien zu Folgekosten (Bandbreite und Datenvolumen) im Vorhinein genau analysiert werden – sofern es überhaupt möglich ist, diese Folgekosten zu berechnen

Was könnte man tun?

  • Podcasting-Plattform erstellen: Man könnte eine Website schaffen, die Webspace für jeden anbietet, der eigene Podcasts machen will. Das wäre die beste Möglichkeit, User-Generierten Content für den Konzern selbst nutzen zu können. Man könnte begleitend auf einem Radiosender eine tägliche Sendung machen und die besten Podcasts dort on air bringen. Als Vorbild denke ich hier an Current-TV von Al Gore, das im Prinzip nach dem gleichen Modell arbeitet. Es muss ja nicht gerade zur Prime-Time passieren – ein Test am Abend wäre schon eine tolle Sache.
    Den ersten Nutzern könnte man billige Hardware (Mikrofon und mobiles Aufnahmegerät für rund 50 Euro) in die Hand geben.
    Weblogger füllen schon jetzt die Zeitungen – man denke nur an den Tsunami, den Irak oder New Orleans. Nun könnten Podcaster das Radio füllen und so die Inhalte-Erstellung wesentlich verbreitern und verbilligen.
  • Moderatoren könnten podcasten, was sie interessiert. So könnten Podcast-Abonnenten einen Blick hinter die Kulissen werfen und ihre „Stars“ näher kennen lernen.
  • Zweitverwertung von Radio-Content: die wohl einfachste Möglichkeit, hier Fuß zu fassen. Es ist doch zu schade, dass viele teuer produzierte Radio-Beiträge im Archiv verschwinden. Es gibt auch viele interessante Inhalte, die man in den Archiven wieder neu entdecken kann.
  • Zeitungen: Auch für die Printmedien im Konzern gäbe es ein breites Betätigungsfeld. Das würde bei einem Podcast über die Inhalte der Zeitung von Morgen beginnen und bei weiterführenden Hintergrund-Infos zu Stories enden. Sie müssen wissen, dass es manchmal wirklich schwer ist, mit dem bescheidenen Platzangebot im Blatt zu wirtschaften. Viele gute, interessante Geschichten haben entweder keinen oder zu wenig Platz. Mit dem reinen Vorlesen von 6000 Zeichen ist die Sache aber nicht immer getan. Durch O-Töne angereichert müsste man die Stories interessanter und authentischer machen.
    Interessant: Man könnte lokale Veranstaltungshinweise mit Interviews von DJs, den Organisatoren oder den Künstlern anreichern.
    Vorbilder: Die Zeit, Netzzeitung, Handelsblatt – sie alle betreiben mittlerweile eigenePodcasts.
  • Korrespondenten-Netz: Beim Handelsblatt befüllen alle 28 weltweit verstreuten Korrespondenten ihr eigenes Weblog. Der Hintergrund: viele interessante Meldungen haben im Blatt keinen Platz. Ich bin mir sicher, dass viele Journalisten multimedial arbeiten wollen.
  • Chefs podcasten: SPD und CDU/CSU hielten im deutschen Wahlkampf auf diesem Wege ihre Wahlkampfhelfer bei Laune. Das könnten doch auch einfache Firmenchefs hierzulande tun. Apropos Politiker: ich bin mir sicher, dass da demnächst der eine oder andere mit Blogs oder Podcasts anfängt!
  • Webradio: Der Schritt vom Podcast zum Webradio ist kein großer.

Demnächst gibt’s noch etwas zum Thema Podcast. Sobald ich dazu komme, gibt’s Infos zu den Musikrechten. Und da gibt es wahrlich viel zu berichten …

2 Kommentare
  1. vlad ene
    vlad ene sagte:

    hy,

    was passiert aber wenn ich privat musik podcaste. was genau muss ich beachten und müsste ich was zahlen dafür.

    wäre super wenn du mich ein bisl helfen könntest

    mfg.

  2. Georg Holzer
    Georg Holzer sagte:

    Was meinst du mit „privat Musik“? Wenn du die Rechte für die Musik hast, dann kannst du sie jedem online stellen, den du willst.

    Britney Spears würde was dagegen haben, wenn du sie als Podcast im Internet verbreitest.

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